Global Bass Online                                                                      August/September  2001

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Jorge Degas in German

 

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Jorge Degas – ungewoehnlich lyrisch

 

Als Bassist mit 11 Werken als Leader, weit ueber 100 Aufnahmen als Begleitmusiker und als regelmaessiger Gastmusiker am Montreux Jazz Festival ist der gebuertige Brasilianer mit Daenischem Buergerrecht, Jorge Degas, auf der ganzen Welt als aussergewoehnlicher und extrem begabter Musiker bekannt. Leider ist er in den USA noch wenig bekannt. Das hat jedoch Jorge’s Karriere nicht gebremst! Vielmehr braeuchte die amerikanische Bevoelkerung ‘Nachhilfestunden’ in dieser Beziehung. Die Unfaehigkeit der Amerikaner, ein “Welttalent” zu erkennen, ist einer der Gruende, warum wir uns fuer dieses Interview entschieden haben. Waere es nicht unbedingt noetig, diese Geschichte ueber einen Bassisten zu schreiben, der in aller Munde sein sollte... haette ich keinen Job.  

Was Herrn Degas betrifft, pflegte Robert Kay vom Bass Player Magazine zu sagen, "Ich war ueberwaeltigt von seinem Bassspiel. Ich habe so etwas noch nie zuvor gehoert (und ich habe den groessten Teil meines Lebens damit zugebracht, mir Bassisten anzuhoeren…). Ich finde Jorge ist ein begnadeter, einzigartiger Musiker, der einen extrem einzigartigen Stil auf der Bassgitarre pflegt – einen technisch anspruchsvollen und doch ausserordentlich lyrischen Stil. Fuer mich ist sein Bassspiel aussergewoehnlich." Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen!   

Das folgende Interview fand per email statt, und die Antworten von Mr. Degas wurden von seiner Frau uebersetzt. Durch das fortlaufende Gespraech faellt es mir leicht zu sagen, dass Jorge ein unglaublich herzlicher und freundlicher Mensch ist, voller Lebenslust und Freude am Gespraech mit seinen Mitmenschen. Leider sind viele Musiker seines Talents nicht so angenehm im Gespraech! Er hatte folgendes zu sagen.  

BAJ:  Hallo Jorge! Schoen, wieder mit dir zu sprechen! Erzaehl uns von der neuesten Rubrik auf deiner Homepage mit dem Titel “Chorarrangements”.   

JD:  Die „Chorarrangements" Rubrik meiner Website ist eine Information ueber ein Projekt, das ich gemeinsam mit meiner Frau habe, die Musiklehrerin und Dirigentin ist. Ich habe Kompositionen geschrieben, die wir fuer einen Chor arrangiert haben. Meine Frau schreibt die Texte, und wir ziehen los an "Musiktage" an Schulen (in Daenemark) und verbringen den ganzen Tag damit, mit den Kindern zu singen. Da sind oft 300 – 500 Kinder im Chor, und es macht ungeheuer Spass! 

In Daenemark ist das gemeinsame Singen eine wichtige Tradition, sowohl unvorbereitet wie auch im Chor. Mit dieser Aktivitaet vermischen wir diese wunderbare alte Gesangstradition mit neuer Musik und anderen Rhythmen. Die Kinder sind sehr offen und an unserer kulturellen Vermischung interessiert. 

Im Fruehling 2002 werden wir ueber einen daenischen Herausgeber ein Songbuch veroeffentlichen, "Dansk Sang", worin 10 Lieder fuer 2 oder 3 Stimmen arrangiert sind, und auf der Begleit-CD sind dieselben Songs von einem Kinderchor interpretiert zu hoeren!  

 (Editorial: Das werde ich fuer meine Kinder kaufen!)   

BAJ:  Das ist wirklich toll, und ich bin sicher, das wird gut. Da die Vereinigten Staaten so ein junges Land sind, fehlt bei uns jegliche Gesangstradition. Es waere besser, wir wuerden lernen zusammen zu singen, statt dass jeder die Musik des anderen beobachtet! 

Von Brasilien nach Daenemark umzuziehen ist eine krasse Umstellung... Wie kam es dazu, und wie ist Daenemark musikalisch gesehen, im Vergleich mit Brasilien  - Brasilien ist ja kulturell  als reicher Naehrboden fuer Musik bekannt?  

JD:  Ich bin nach Daenemark gegangen, weil ich Stenia, meine Frau, gefunden habe. Wir sind fuer die Geburt unseres ersten Kindes in 1988 nach Daenemark gezogen. Ich haette nie gedacht, dass ich Brasilien einmal verlassen wuerde! Aber... ich mochte Daenemark. Am Anfang machte ich mir Sorgen um meine Familie (die schnell wuchs!), denn ich hatte schon zwei Soehne aus erster Ehe. Wir zogen in ein nettes Haus auf dem Land, und ich lernte Daenisch! Ich uebte jeden Tag Bass, und fing an, Kontakte zu knuepfen in der europaeischen Musikszene. 

Zuerst kannte ich den Perkussionisten Andreas Weiser von Berlin, der mich in die Berliner Musikszene einfuehrte. Wir haben gemeinsam mit dem Gitarristen Michael Rodach ein Projekt aufgenommen und aufgefuehrt. Das deutsche Plattenlabel VeraBra interessierte sich fuer unsere Musik, und wir veroeffentlichten die erste CD unter dem Namen Xiame. Das ist auch der Name meines Sohnes, der 1990 geboren wurde – als wir die Platte aufnahmen. Es heisst "Unsere Welt".  

Die CD erhielt sehr gute Kritiken in den bekanntesten Magazinen und wir sind alle gluecklich ueber den speziellen Xiame Sound, den wir zusammen kreiert haben – mit den Produzenten Wolfgang Loos und Stefani Marcus von Traumton Records, Berlin. Wolfgang und Stefani haben dann spaeter VeraBra uebernommen. Das Ganze war ein hervorragender Start in der europaeischen Musikszene. 

Zurueck zu deiner Frage... wie du siehst, habe ich mehr in Berlin angefangen zu arbeiten als in Daenemark. Ich habe aber auch in Daenemark ein Projekt angefangen mit Vini K. Wir arbeiten noch immer im Duo zusammen, oder als Trio entweder mit dem brasilianischen Perkussionisten Robertinho Silva oder mit dem daenischen Schlagzeuger Jonas Johansen. 

In Daenemark gibt es viele gut ausgebildete Musiker, und ich finde, das hat sich in den vergangenen 10 Jahren noch enorm weiterentwickelt. Daenische Musiker sind sehr offen und interessiert, von anderen Kulturen zu lernen. Das hat meiner Meinung nach Qualitaet. Obwohl ich finde, manchmal koennten sie auch ihre eigene wertvolle Kultur und Tradition mehr gewichten. 

BAJ: Du hast eine sehr ‘akkordmaessige’ Art, Bass zu spielen (die leicht an Kai Eckhardt oder Dominique di Piazza erinnert). Trotzdem bringst du ein sehr intimes Element in dein Spiel. Wie hast du diesen Stil entwickelt? 

JD: Als kleines Kind habe ich angefangen, Perkussion zu spielen. Meine Mutter war ein Medium in Macumba (einer afrikanischen Religion), und ich musste die richtigen Rhythmen spielen, um den Geistern zu gefallen. Jeder Geist hat seinen eigenen bevorzugten Rhythmus, oder sein eigenes Lied. Ohne es zu bemerken, erhielt ich eine aeusserst einzigartige kulturelle Ausbildung von meiner Familie – die noch immer Macumba praktiziert! Die afro-brasilianische Kultur und die Rhythmen sind fuer mich voellig natuerlich. Als ich aelter wurde, fing ich an, Gitarre zu spielen. Ich war ein Teenager und wollte sein wie Jimi Hendrix! Von der Gitarre wechselte ich auf den Bass. So habe ich irgendwie die ganze rhythmische Erfahrung aus meiner Kindheit und meine harmonische Ausbildung auf der Gitarre genommen und alles zusammen in einen viersaitigen Alembic gesteckt! Meine Vergangenheit beeinflusst auch viele meiner Werke als Komponist enorm. 

BAJ: Welches sind deine Lieblingsbassisten, und was hoerst du momentan gerade fuer Musik? 

JD: Mein Lieblingsbassist ist Stanley Clarke. Ich hoere gerne jedem moeglichen Bassisten zu. Meine weiteren Favoriten sind Luizao Maier aus Brasilien – der brasilianischen Bassisten ueberall auf der Welt viel bedeutet, und Luis Alves – ein weiterer brasilianischer Bassist. Noch bevor ich ueberhaupt je daran dachte, nach Daenemark zu gehen, bewunderte ich den daenischen Bassisten Niels Henning Ørsted Pedersen. Als ich dann in Daenemark war, sah ich weitere Talente wie Mads Vinding.  

Im Moment hoere ich mir gerade meine neue CD an, die jeden Moment erscheint.  

BAJ:  Mann… Niels Henning ist einer meiner absoluten Lieblingsmusiker! Ich denke, da sind wir nicht die Einzigen! Ausser Bassisten... was fuer Musiker denkst du haben dich sonst noch beeinflusst?   

JD: Ich hoere mir sehr viel Pat Metheny an.  Er sagte mir einmal, “Wenn du eines Tages beruehmt bist, werde ich allen sagen, ‘Ich habe ihn zuerst gekannt’!” Ich hoere mir gerne Musiker an, die es schaffen, einen eigenen Stil zu entwickeln – und zum Glueck gibt es da so viele, die man sich anhoeren kann!  

BAJ: Hast du schon immer gewusst, dass du ein Musiker sein wolltest? Und warum hast du den Bass ausgewaehlt?   

JD: Nein, ich habe nie gedacht “Ich will ein Musiker sein.” Das ergab sich irgendwie von selbst, als ob ich keine Wahl gehabt haette!  

Wie gesagt, ich spielte Gitarre, bevor ich Bassist wure. Mein Freund Vico (ein Schlagzeuger) stellte mich Cidinho Teixera vor – uebrigens einer der brasilianischen Musiker, den ich am meisten bewundere, der in New York lebt – der einen Bassisten suchte. Da ich zu der Zeit gerade keine Arbeit hatte, sagte ich ihm, ich koenne auch Bass spielen. Er war in den Staaten, und sein Projekt erschien mir interessant. Als wir anfingen zu spielen, schaute er mich an und sagte “Du kannst nicht Bass spielen!” Aber ich blieb hartnaeckig (vielleicht mochte er meinen Willen), und so brachte er es mir bei. Er hat eine fantastische linke Hand auf dem Klavier, und ich lernte alles, was er mit dieser linken Hand machte, auf dem Bass! Es war ziemlich schwierig, aber ich schaffte es, und schon bald konnte ich seine Lieder perfekt spielen! Niemand konnte das Zeug spielen, das ich spielte... und ich konnte nichts anderes als die Sachen von Cidinho’s linker Hand! Wir machten eine CD auf Polygram mit dem Titel "Cidinho Teixera and Som Tropical Muito suingue".   

BAJ: Unter den vielen Jazzmusikern, mit denen du zusammengearbeitet hast, erwaehnst du auch (den Gitarristen) Al diMeola und (Schlagzeuger) Bob Moses. Du hast aber auch mit vielen anderen europaeischen, suedamerikanischen und afrikanischen Kuenstlern gearbeitet. Siehst du gewisse musikalische Tendenzen bei den amerikanischen Musikern, die sich von denen aus anderen Laendern und Regionen unterscheiden? Und wie bereitest du dich auf die Arbeit mit einem bestimmten Kuenstler vor, ziehst du in Betracht, woher er kommt? 

JD: Wir brasilianischen Musiker haben immer zu den amerikanischen Kuenstlern aufgeschaut wegen ihren Faehigkeiten und ihrer Kreativitaet. Um mich auf die Arbeit mit einem Kuenstler vorzubereiten, hoere ich mir meistens seine CD’s an. Manchmal kriege ich ein Tape mit dem Material, dann schaue ich mir die Songs an und sehe, was ich dazu beitragen kann. 

BAJ: Wie war es fuer dich, als Begleitmusiker mit den vielen verschiedenen Kuenstlern zu spielen, und wie hat das deine eigenen Kompositionen beeinflusst? 

JD: Nach den "Muito Suingue" Aufnahmen wurde das Spielen etwas einfacher. Viele Kuenstler haben mir geholfen (da sie mein Spiel mochten) und viele habe mir neue Tueren geoeffnet. Andere staerkten mich im Glauben an meine "merkwuerdige Art" den Bass zu spielen.  

Um einige zu nennen, die mir geholfen haben: 

Martinho da Vila (Samba-Saenger); Paulo Moura (Dirigent, Saxofonist im Stil von Chorinho); Wilson Meireles (Samba-Schlagzeuger); Ruy Quaresma (Arrangeur, Dirigent, Produzent); Alceu Valenca (ein Saenger aus Nordost-Brasilien); Jorge Aragao (Samba-Saenger); Joao de Aquino (Afro-Brasilianischer Gitarrist); Helio Eskiavo (Samba-Schlagzeuger) und Paulo Rafael (Nordostbrasilianischer Gitarrist). All diese wunderbaren Leute hatten einen grossen Einfluss auf meine Werke und musikalischen Moeglichkeiten. 

BAJ:  Worauf wirst du dich naechstes Jahr musikalisch konzentrieren?   

JD: Ich werde meine neue CD veroeffentlichen und danach Konzerte geben. 

BAJ: Was fuer Instrumente spielst du im Moment?   

JD: Ich spiele einen Alembic “Spoiler” 4-Saiter. Ich spiele seit 20 Jahren Alembic Baesse. Ich habe gerade letztes Jahr einen neuen erhalten. Eine exakte Kopie meines alten Instruments! 

BAJ: Auf welchem Instrument komponierst du deine Songs?   

JD: Ich komponiere auf dem Bass, der Gitarre oder manchmal auf dem Klavier. Meistens komponiere ich aber ohne Instrument – ich stelle die Details im Kopf zusammen. So ist es vorbereitet, wenn ich den Bass zur Hand nehme. Eine andere gute Beschaeftigung zum Komponieren ist Kochen oder Gartenarbeit!

 

Brent-Anthony Johnson ist Bassist/Produzent/Komponist und lebt im Grossraum der Hauptstadt Denver. “BAJ” ist gerade bei der Fertigstellung seines ersten Soloalbums mit dem Multi-Instrumentalisten Chris Ball unter dem Namen Sonal Anu. Er kann ueber seine Website kontaktiert werden auf: http://www.newfunny.com/brent/

 

 

 

                                  

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Last modified: June 16, 2009