Global Bass Online                                                                      August/September  2001

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Tom Hamilton in German

 

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von Christopher Buttner

 

Einige Tage vor dem Interview lief im Radio ‘Back in the Saddle’ vom Album ROCKS, und ich bekam eine Gaensehaut. Dieser Song ist einer meiner Lieblings-Aerosmith-Songs aller Zeiten, wenn nicht einer meiner Lieblings-Hardrocksongs ueberhaupt. 

Waehrend des Interviews erzaehle ich Tom: “Einer der freudigsten Momente fuer mich als Bassist war, als ich die Basslinie von diesem Song herausgefunden hatte”.   

“Das ist eine bizarre Basslinie,” sagt Tom ueber seinen Part in diesem Song. “Joe Perry spielte 6-Saiter Bass und ich begleitete das auf dem Bass. Es ist ein komisches Stueck, ich musste oft Saiten ueberspringen, und es ist auch fuer mich noch immer eine Herausforderung, das richtig zu spielen.”   

Es ist erstaunlich, dass Tom Hamilton nach einer 30-jaehrigen Karriere in einer der erfolgreichsten Rockbands der Rockgeschichte so bescheiden bezueglich seinem Spiel und seiner Stellung in der Musikgeschichte geblieben ist. Doch waehrend des anderthalbstuendigen Telefongespraechs stellte sich heraus, dass Tom Hamilton, die eine Haelfte einer der kraftvollsten Rhythmusgruppen des Rock’n’Roll und Komponist der wohl am weitesten anerkannten, wenn nicht fantastischsten Basslinie aller Zeiten, “Sweet Emotion” , wahrscheinlich der nachdenklichste Interviewpartner ist, der mir je begegnet ist, und sich sehr klar ausdrueckt. 

“Ich tendiere dazu, meine Art zu spielen, meine Einfluesse und musikalische Ausbildung ziemlich zu analysieren,” erzaehle ich Tom.  “Ich muss ehrlich sagen, dass es mir stets am meisten Freude bereitet hat, Bass zu spielen und ich auch betreffend Groove und rhythmisch am meisten gelernt habe, wenn ich in Cover-Bands Aerosmith-Stuecke gespielt habe.”   

Tom toent ernsthaft ueberwaeltigt, und nach einer langen Pause sagt er einfach “Wow… Danke.”   

Tom Hamilton’s Basslaeufe gehoeren zu den interessantesten, kreativsten groove-orientierten ‘monstermaessigen’, und doch stylistisch verzwickten Passagen, die ich je auf dem Bass gespielt habe. Sechs Musiklehrer konnten mir in 10 Jahren nicht mehr beibringen ueber Feeling, Stil, Komposition und den grundlegenden Spass am Bassspielen, oder ein Teil der Rhythmusgruppe zu sein, als wenn ich mich hinsetzte und zu Aerosmith-Songs aus den Alben ‘Get Your Wings’, ‘Toys In The Attic’ und ‘ Rocks’ spielte oder diese mit einer Band live spielte. 

Je mehr ich meine 29jaehrige Geschichte als Bassist studierte und je naeher der Termin fuer das Telefon-Interview rueckte, desto nervoeser und gespannter wurde ich darum auch, fiel geradezu in den “Fan Modus” eines 16jährigen zurueck. Warum zur Hoelle wurde ich so verdammt nervoes? Ich bin seit mehr als 10 Jahren im Musikgeschaeft und habe hunderte von Beruehmtheiten und Profis interviewt und getroffen, aber so nervoes war ich nicht mehr gewesen, seit ich vor 15 Jahren per Zufall Robert Plant auf einem Flughafen begegnet bin. 

Das Telefon laeutet:  “Hallo, Christopher, hier ist Tom!” stellt sich Tom Hamilton vor.   

Mein Buero ist wie Nixons Weisses Haus. Ich kann keinen Knopf eines der drei Aufnahmegeraete druecken, die an die drei Telefonleitungen angeschlossen sind, und ein Gespraech aufnehmen, ohne dass der Anrufer bestaetigt, mit wem er spricht. 

Jede Telefonlinie ist mit einem dieser kleinen Line-Mikrofone versehen, die man im Radio Shack erhaelt. Das sind wirklich tolle kleine Dinger, die man an ein Aufnahmegeraet anschliessen und so ein Telefongespraech in recht guter Qualitaet aufnehmen kann – wenn man bedenkt, das sie von Radio Shack stammen, also ist ‘Qualitaet’ hier subjektiv gemeint.    

Ich habe jedes verdammte wichtige Interview mit diesem System aufgenommen und es hat noch NIE nicht funktioniert bisher. Ich hatte schon eine halbe Stunde vor Tom’s Anruf sichergestellt, dass alles funktionieren wuerde, indem ich mich ans Pult setzte und “Test eins, zwei, drei - Test eins, zwei, drei” in den Hoerer sagte und dabei beobachtete, wie die Zeiger auf dem $35 Sony Mikro-Kassettenrecorder ausschlugen, als ob ich die Einstellungen an einem riesigen 96-Kanal-Mischpult fuer eine Aerosmith-Aufnahmesession checken wuerde.  

Ich bin augenblicklich von Technologie-Daemonen besessen, mein Mikro-Kassettenrecorder nimmt das Gespraech nicht auf. Dieses Interview wurde vor 5 Tagen arrangiert, alle Fragen sind bereit, der Publizist hat sich gefreut, alles fuer mich zu arrangieren, es ist neun Uhr morgens, ich habe erst eine Tasse Kaffee gehabt, der Recorder hat vor 20 Minuten noch perfekt funktioniert, ich muss den Artikel bis in vier Tagen fertiggestellt haben und JESUS!!! WARUM PASSIERT DIESE VERD** SCHEISSE?  

Tom faengt an, etwas Konversation zu betreiben waehrend ich mich ueberschwaenglich entschuldige wie ein Geisteskranker. Wieso bin ich so verdammt nervoes, dass ich nicht mal mit einem kleinen technischen Problem meines Mikrorecorders fertig werde? Ich hatte schon mit den groessten Namen aus der Musikbranche zu tun, und ich war noch nie so nervoes wegen eines Interviews. An dieser Stelle werde ich mir bewusst, dass der Mann, mit dem ich gerade spreche, der wohl wichtigste Einfluss in meinem Leben war. Wenn dies einem Musiker passiert, ist es einfach nicht moeglich, nicht nervoes werden und – mangels eines besseren Ausdrucks – starr vor Ehrfurcht vor der Wichtigkeit des Einflusses, den diese Person und dessen Beitrag zur Musik seiner Band auf dich als Musiker ausgeuebt haben.   

Waehrend der Gespraechseinleitung, als ich am Recorder rumfummle, fuehre ich Tom in den Ausdruck “Gear Queer” (wunderliche Geraete) ein. Das kommt auf, als wir anfangen, ueber Technik zu reden, warum sie versagt, und wie sehr wir diese Geraete lieben und krankerweise immer mehr und mehr davon kaufen, um – das waere zumindest der Zweck – unser Leben zu vereinfachen. 

“Kennst du das STUFF Magazine?” fragt Tom.   

“Ich liebe STUFF!  All diese coolen Geraete. Hast du das T3 Magazin? Das ist ein weiteres wirklich grossartiges ‘Gear Queer' Magazin.”   

Tom faengt an zu lachen, “Gear Queer?  (Lacht). Das ist toll. Ich lese das STUFF Magazin, weil ich ein totaler Geraetefreak bin. Ich liebe Spielsachen. Aber als ich STUFF das letzte Mal gelesen habe, dachte ich am Schluss ueber all die Sachen nach, die ich gerne haette, und ueber all die Handbuecher, die ich dann dazu bekommen wuerde. Ich erkannte, dass ich mich da nie durcharbeiten koennte, um die Geraete auch richtig zu bedienen. Ich bin ein Typ, der ein Geraet kauft, die Grundlagen der Bedienung lernt, und dann bleiben noch etwa drei Viertel des Handbuchs, die ich nie lese, weil ich bis dann schon lange ein anderes neues Geraet gekauft habe.”   

Ich frage nach, “Sprichst du ueber alles von Backline-Geraeten bis zu deinen Fusspedalen, und dem Komponenten-Rack deiner Stereo-Anlage zu Hause?”   

“Und vom Studio,” sagt Tom ausdruckslos.  “Von den Computern meiner Kinder nicht zu reden.”   

“Ich bin genau gleich. Ich muss immer das Beste von allem haben, vom Palmtop zum Laptop und zum Kinkerlitzchen, das ich einfach gekauft habe, weil es das coolste Blinklicht hat und keinen Zweck erfuellt ausser dem, wirklich cool auszusehen. 

Tom sagt, “Ich war gestern gerade in der Rock and Roll Hall of Fame.”  (Anmerkung des Autors: Aerosmith wurden kuerzlich in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen).  “Es war unglaublich. Es war wirklich toll, all die Geraete zu sehen, all die historischen Gitarren und Verstaerker.” 

“Ist es nicht beeindruckend, zurueckzugehen und zu sehen wie beinahe ‘vorsintflutlich’ alles war verglichen mit den heutigen Geraeten?” frage ich.  “Alles ist heute so geschmeidig und sexy und fast schon biologisch und hat irgendwo einen ‘Druckknopf’ im Design.” 

Tom bestaetigt, “Yeah!”   

Wir schweifen etwas vom Thema ab und sprechen ueber das neue EXPERIENCE MUSIC PROJECT in Seattle, bevor wir zum eigentlichen Thema zurueckkehren, und Tom sagt, “Die haben ein wunderbares Ausstellungsstueck von John Lennon in der Rock and Roll Hall of Fame. Ein ganzer Raum ist gefuellt mit handgeschriebenen Texten. Die haben sogar die Brille, die er angehabt hatte, als er erschossen wurde. Es ist sehr bewegend, denn sie hat Spritzer von seinem Blut auf den Glaesern.“ 

Ich denke “Oha… das Gespraech wird schwer, wechsel das Thema.” und sage deshalb “Heute Morgen wurde mir bewusst, fuer wie einflussreich ich dich betrachte. Ich denke, ich habe am meisten ueber Groove, Basis und Stil gelernt, als ich deine Basslinien lernte.“ 

“Ich weiss das zu schaetzen. Aber du hast nicht auch die Fehler gelernt?!!” quittiert Tom. 

Ich lache.  “Fehler sind die Mutter der Ausbildung,” stelle ich fest.   

“Ahhh, es gibt keine Fehler,” scherzt Tom.   

Das Aufnahmegeraet erwacht zum Leben und so beginnt mein Interview mit Aerosmith’s Tom Hamilton: 

CB: Definiere dich selbst als Musiker. Denkst du, dein Stil und dein Beitrag zu Aeroshmith’s Musik sind ein Einfluss fuer andere Bassisten?   

TOM: Ich sehe das nicht so, dass mein Stil als Bassist ein Einfluss ist. Ich sehe das als meine Rolle als Mitglied der Band, fuer die Band-Musik, und was fuer einen Einfluss ich auch immer habe auf den Bandstil, wenn es aufgenommen wird. Aber ich denke, unsere Lieder und unsere Musik generell sind ein grosser Einfluss auf die Leute. Ich denke, die Leute hoeren sich die Musik an und schauen dann die verschiedenen Teile an. Ich habe mich nie wirklich als einen ‘Bassisten fuer Bassisten’ angesehen. Ich denke, ich habe mich immer als Gitarristen angesehen, und ich spiele einfach die Bassgitarre. Ich habe nie zu den Leuten gehoert, die Musik kaufen oder anhoeren, nur um den Bass auszuchecken. Ich habe das schon gemacht, und mache es hin und wieder, aber meistens kaufe ich Musik wegen der Songs. Dann, wenn der Bassist irgendwas macht, das mich fasziniert, versuche ich ein paar Dinge herauszufinden, um die es da geht. Etwas, das waehrend all der Jahre eine Luecke in meinen Kenntnissen war ist, dass als ich jung war und lernte, ich nie speziell die Bass-Parts lernte. Viele Leute tun das, aber ich habe immer nur den Grundrahmen eines Liedes gelernt und dann meine eigenen Bass-Ideen eingebracht und versucht, dem Grundstil des Bassisten auf der Aufnahme im Sound moeglichst nahe zu kommen. 

CB: Und so hast du deinen eigenen Stil entwickelt?   

TOM: Ja, aus Faulheit oder wie auch immer habe ich mich nie hingesetzt und all die Bass-Parts gelernt. Manchmal wuenschte ich, ich haette es getan. Aber andererseits haette mich das wahrscheinlich nicht dazu gebracht, meine eigenen Sachen zu entwickeln. 

CB: Bist du als Musiker ausgebildet oder hast du mit der Gitarre angefangen und dann zum Bass uebergewechselt?   

TOM: Ich hatte nie eine Ausbildung. Mein aelterer Bruder war ein Ventures-Fan. Er spielte ihre Schallplatten im ganzen Haus und dann fing er an, Gitarre spielen zu lernen. Ich schaute ihm jeweils zu wie er im Wohnzimmer Gitarre spielte, und dann kaufte er eine neue Stratocaster und einen Twin-Reverb Verstaerker. Als er nicht zu Hause war, schlich ich mich in sein Zimmer, schaltete den Verstaerker ein und spielte. Ich drehte den Amp auf 6 bis 7 auf und erschrak, wie laut das war. Ich schaltete den Amp aus und haute ab. (Lacht). Er brachte mir die ersten Akkorde bei und zeigte mir die Musik, die er toll fand. Ich entwickelte rasch eine gute rechte Hand – ein starkes rechtes Handgelenk. Unsere Familie zog dann in eine Kleinstadt in New Hampshire um und ich wollte in einer Band sein, aber die einzige Band der Stadt, bei der ich gerne mitgespielt haette, brauchte nicht noch einen Gitarristen, sie brauchten einen Bassisten, und sie hatten einen Bass. Also probierte ich das aus und es passte gut. Ich wollte also nicht von Anfang an Bassist sein, ich wollte Gitarrist sein und wechselte notwendigerweise auf den Bass. 

CB: Hat dich die Leidenschaft fuer das Instrument gleich gepackt, als du den Bass zum ersten Mal in die Haende genommen hast? 

TOM: Ja! Ich hoerte, was die Bassgitarre mit der Musik macht, wenn man diese Tiefe hat, die man fuehlen kann. Ich habe mich nie als jemanden betrachtet, der von der Gitarre zum Bass gewechselt hat, ich sehe mich einfach als Gitarristen, der Bass spielt. Im Verlauf der Jahre fing ich an, mehr Uebung auf dem Bass zu suchen und habe bei verschiedenen Leuten Unterricht genommen. Ich habe immer das Gefuehl, ich brauche mehr Theorie und Gehoertraining, und ich habe viel Gehoertraining gemacht, denn ich habe kein von Natur aus gutes Ohr. Was immer ich in dieser Richtung unternehme, ich muss hart dafuer arbeiten. Aber es gibt gutes Musik- und Gehoerbildungs-Lernmaterial da draussen – wirklich gute Computerprogramme und Gehoertrainings-Kassetten, die findet man in der Werbung zuhinterst in den Musik- und Gitarrenmagazinen.  

CB: Ich habe das PERFECT PITCH Programm (Lernkassetten zum Erreichen des Absoluten Gehoers) vor ein paar Jahren gekauft. Es funktioniert nicht…   

TOM: Das ist so idiotisch!   

CB: Es ist das Uebelste.   

TOM: Es ist laecherlich!!  Dieser Typ hat fuer einen Trainingskurs zum relativen Gehoer geworben, den ich gekauft habe, der war hervorragend. Wirklich grossartig!   

CB: Es gibt einen Kurs fuer das relative Gehoer als Konkurrenz zum PERFECT PITCH Kurs? Ich habe vor ein paar Jahren den PERFECT PITCH Kurs gekauft, und ich war schon bei Kassette drei oder vier, als der Instruktor auf dem Tape ewas sagt wie ‘Hoer einfach auf die Noten und mach dir keine Sorgen, vielleicht wirst du die Unterschiede in den ‘Farben’ der Toene noch lernen. Ich war so enttaeuscht. Ich habe den Kurs zurueckgeschickt und das Geld zurueckerhalten. Das Programm ist wirklich ‘Des Kaisers neue Kleider’ – da ist nichts drin.   

TOM: Ohne Spass!  Die haben offenbar gemerkt, dass sie den Leuten mehr Kurse verkaufen koennen, indem sie sie glauben machen, sie koennten das absolute Gehoer erreichen mit diesem Programm, statt dem, was die Leute wirklich brauchen, naemlich dem relativen Gehoer. Es ist so schade, der Kurs fuer das Relative Gehoer war wirklich hervorragend, durchdacht und detailliert. Aber es gibt auch wirklich gute Computer-Kurse fuer Gehoertraining, man muss einfach dasjenige finden, das einem am besten liegt. 

Unsere Unterhaltung schweift rasch und zielsicher zum Thema “Gear Queer” ab, als die Verbindung durch jemanden – oder etwas – gestoert wird, das auf der selben Telefonlinie waehlt. Das passiert zweimal, innert einigen Sekunden, und dann hoeren wir ein lautes Quieken auf der Linie. 

CB: Entschuldigung, Tom. Wir haben vorher gerade ueber Geraete gesprochen, tja, dieses Geraeusch ist mein TiVo, der sich automatisch in den Server einwaehlt, um Programme herunterzuladen. Das ist leider auf derselben Telefonlinie. 

TOM:  (Lacht) Oh, wow. das muss ich auch haben. Das ist ein tolles Spielzeug.  

CB: Immenses Handbuch.  (Ich wechsle mit der naechsten Frage das Thema) Aerosmith haben eine illustre 30-jaehrige Karriere, und die Gruppe wurde kuerzlich in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Was toernt dich noch immer an, Bass zu spielen an diesem Punkt deiner Karriere? 

TOM: Im Verlaufe der letzten anderthalb Jahre habe ich die Verbindung mit meiner Beziehung zur Musik wiedergefunden. In einer solchen Band zu sein ist eine Facette dessen, was du tust, aber du must auch mit vielem anderen umgehen koennen. Zum Beispiel mit dem politischen Aspekt davon, in einer Band und ein Mitglied einer Band zu sein. Noch nie hat jemand wirklich ein Buch darueber geschrieben, ein Mitglied einer Band zu sein. Aber das ist etwas, das man lernen muss wenn man dies fuer eine lange Zeit tun will. 

CB: Wuerdest du zum heutigen Zeitpunkt Aerosmith als mehr ewas wie eine Industrie bezeichnen, mit euch fuenfen als Geschaeftsleitung?   

TOM: Nicht wirklich, nein. Wir sind immer noch im R & D taetig.   

CB: Grossartige Aehnlichkeit, das mag ich.  

TOM: Wir sind diejenigen auf der Buehe. Es ist so grossartig, dort oben zu stehen und all das zu realisieren, was du bei der Aufnahme eines Albums durchmachst, wo du versuchst, dich zu strecken und etwas wirklich Neues aus dir selber rauszuholen, aber wenn du auf der Buehne stehst und eine Show spielst... das ist das wahre Ding, das wir machen. Es ist ganz einfach, geh raus und spiel die Lieder. Das ist ‘Hausmenue’ fuer uns.    

CB: Also ist es eine Art Laeuterung, einfach auf der Buehne zu stehen, um den Gefuehlen freien Lauf zu lassen, fuer 20,000 Fans zu spielen, die euch so lange die Stange gehalten haben? 

TOM: Auf eine Art ist es, wie in die Kirche zu gehen. Du bist in diesem Raum mit 20,000 Leuten, die alle aus demselben Grund hier sind. Wenn so viele Leute in einem Raum zusammentreffen, dann passiert etwas, das ueber der normalen und natuerlichen menschlichen Erfahrung steht. Es kann sich ins Negative wenden und kann ein Mob werden, oder es kann positiv und eine transzendentale Erfahrung fuer jeden werden. 

CB: Die ‘Mob-Mentalitaet’ ist interessant, insofern sie vom absoluten Horror bis zu kompletter Spiritualitaet und Erhebung gehen kann. 

TOM: Es ist so oder so intensiv. Wenn ich an all die Leute denke, das Benzin, das sie in ihre Autos gefuellt haben, die Distanzen die sie gefahren sind fuer diese Show, das Parkieren, Laufen um ins Stadion zu gelangen, ihre Plaetze zu finden... es ist ein grosser Aufwand, zu einem Konzert zu gehen. Die Leute nehmen einen grossen Aufwand auf sich, um uns live spielen zu sehen. 

Wir haben diese Scheinwerfer, Mole Lights, die wir benuetzen, um das Publikum auszuleuchten. Waehrend all der Jahre haben sich diese Scheinwerfer als so stark herausgestellt, dass wir sie ganz hinten im Stadion montiert haben, und wenn sie angehen, ist das ganze Publikum ploetzlich hellerleuchtet. Und es sieht aus wie ein Ozean... das ist eine ergebene Erfahrung. Wenn das passiert, merke ich, da geht etwas Groesseres vor sich. Es gehoert nicht zur Band und nicht zum Publikum. Einfach diese Praesenz oder was auch immer diese Energie ist zu spueren, um das geht es fuer mich. Es ist extrem dankbar, sehr. Wenn wir an diesen Open-Airs spielen, weit ab auf dem Lande mit einer Strasse hin und einer zurueck, wenn wir gleich nach der Show abhauen muessen zum Flughafen - diese Shows werden ‘Runners’ genannt - da muessen wir von der Buehne direkt in die Autos und die Landstrassen runterfahren innert Minuten. Du hast eine halbe Stunde zum Flughafen und faehrst einer Landstrasse entlang, es ist mitten in der Nacht und der Mond steht am Himmel, und dort kannst du das Ganze reflektieren. 

CB: Ich kenne die Art, wie viele Bands direkt von der Buehne in ihre Autos huepfen muessen... wenn nicht, steckst du bis 3 Uhr morgens im Verkehr fest! 

TOM: Ich hasse es, Shows auf diese Weise zu verlassen. Ich liebe es, von der Buehne zu gehen und in dieser Welt mit der Band und der Mannschaft zu sein... unsere Crew ist wie die Elitetruppe der Green Berets. Sie sind so toll und ich liebe es, auf der Buehne zu sein, wenn der Beleuchtungs-Tross kommt, und wenn sie alles halb zerlegt haben, sage ich gerne einfach ‘Hi’ zu ihnen.   

CB: Liegt da so eine simple Zufriedenstellung darin, den Fans eine Rueckbestaetigung zu geben?

Denen, die das Glueck haben, einen Backstage-Zugang zu finden und deinen Arsch fuer eine Weile zu kuessen? 

TOM: (Lacht). Ja! Wir haben mit diesen ‘meet-and-greets’ schon mitte der 80er Jahre angefangen. 

CB: Es ist erstaunlich, wie viele Musiker wirklich einfach nichts mit ihren Fans zu tun haben wollen. Es ist ‘bring mich zum Konzert und dann wieder weg, sobald die Scheinwerfer abgeloescht haben.’   

TOM: Ja, ich weiss. Ich verstehe das einfach nicht. Ich finde, die verpassen wirklich etwas. Die Stimmung dieser ‘meet and greets‘, das gibt so viel Energie, all diese Leute zu sehen, diese Fans. Du betrittst diesen Raum, und diese Menschen sind alle nervoes weil sie die Band treffen. Ihre Begeisterung fuer deine Band erreicht ihren Hoehepunkt, und du fuehlst das, wenn du dort in diesem Raum bist und Autogramme gibst, und diese Energie kannst du auf die Buehne mitnehmen. 

CB: Es muss ein schoenes Gefuehl sein, wenn einem ein Fremder sagt ‘deine Musik hat mich beruehrt; ich bin schon seit den Anfaengen ein Fan von euch‘ etc. 

TOM: Oftmals wenn ich ein Lied hoere, das ich schon immer geliebt habe, oder das einfach zu der Stimmung passt, in der ich gerade bin, wuenschte ich, ich koennte dem Kuenstler sagen, das ist ein grossartiger Song, danke. Die Leute haben das Beduerfnis, dies zu tun und... es ist seltsam. Du musst lernen, wie du das Kompliment annehmen sollst, denn du fuehlst vielleicht, dass du nur 80% dessen gegeben hattest, was du wolltest, als du diesen speziellen Song aufgenommen hast, und dann triffst du Leute, die dir sagen, du warst 110%. Das ist wie ein Schuss in den Arm. Vor einem Konzert hebt das deine Stimmung um auf die Buehne zu gehen und alles zu geben, nicht nur um deine Erwartungen zu erfuellen, sondern auch diejenigen deiner Fans. 

CB: Was das Schreiben eines Buchs darueber, in einer Band zu sein betrifft, ist das etwas, was wir vielleicht von Tom Hamilton erwarten duerfen?   

TOM: Ich glaube das gilt fuer vieles mehr als in einer Band zu sein. Jeder hat eine Gruppe von Leuten, die er taeglich sieht, wie die Leute, mit denen er zusammenarbeitet, die toll sind und wo man sich um einander kuemmert, und dann gibt es andere Leute, fuer die im Grunde nur ihr eigener Ehrgeiz zaehlt. Da gibt es viele Aspekte, die ich erwaehnen moechte darueber, ein Musiker zu sein, die nie erwaehnt wurden, wie damit umzugehen... vielleicht sollte ich anfangen, mir Notizen zu machen... (Lacht). Ich schreibe eine Kolumne auf www.Aerosmith.com, ich denke, dort werde ich baldmoeglichst auf dieses Thema zurueckkommen. 

CB: Was die Beziehungen von dir zu den anderen Mitgliedern von Aerosmith angeht, ist es ja nicht so, dass es ohne all das Auf und Ab des alltaeglichen Lebens abgegangen ist. Wie steht’s damit in diesen Tagen?  Wie ist das Leben in der R & D Abteilung? 

TOM: Es ist toll. Wenn du auf Achse bist, faengst du an, dich zu entspannen. Das ist nicht wie wenn du eine Platte machst und aus duenner Luft Sachen machen musst. Alles ist niedergeschrieben, du musst einfach nur da raus und der Musik Gerechtigkeit geben. Die Beziehungen in der Band sind so intensiv, aber es ist als ob du all die Gefuehle und Beziehungen nimmst und komprimierst (Lacht). 

CB: Wenn du auf Tournee bist und es Streit gibt, kannst du immer sagen, ‘Erleuchtet euch Jungs, wir gehen in Kuerze in die Kirche.’   

TOM: (lacht). Sicher, sicher…   

CB: Also, wo bist du lieber als Musiker? Im Studio oder auf der Buehne, oder ist das 50/50?   

TOM: Ich muss sagen, es ist 50/50, was nicht wirklich eine hilfreiche Antwort ist. Ich kann dir sagen, eine Platte zu machen ist emotional wirklich intensiv, und manchmal sogar zu intensiv. Aber es ist was daran, ins Studio zu gehen und auf Aufnahme zu gehen. Du kannst dich echt messen auf diese Art. Und manchmal macht es Angst. Denn du fuehlst, als ob dich alle anderen im Raum gleichzeitig auch messen. 

CB: Nach all den Jahren fuehlst du dich ausgesetzt?   

TOM: Ja! Es ist ein sehr verletzliches Gefuehl. Du willst dem Song gerecht werden und demjenigen, der den Song geschrieben hat, Respekt zollen, aber gleichzeitig willst du dich auch selber ausdruecken. Du musst einen Mittelweg finden. Ich denke das passiert vielen Leuten in Bands, irgendeiner schreibt einen Song, und ein anderer denkt, ‘okay, jetzt bin ich dran, was immer ich will in diesen Song einzubringen.’ Das ist begrenzt, speziell als Bassist. Dein Job besteht mehr aus grundsaetzlichen Dingen. 

Mein ganzes Leben habe ich beim Spielen dazu tendiert, anstatt es einfach zu halten, von all dem kreativen Zeug besessen zu sein, was ich dachte, spielen zu muessen, den Harmonien, Theorie und Melodien. Wirklich... manchmal musst du einfach ein Metronom nehmen und einen Rhythmus mit nur einem Ton spielen. Der Bassist ist wirklich zur Haelfte ein Schlagzeuger und beide zusammen sind als Rhythmusgruppe fuer 50% des Stils der Band verantwortlich. 

CB: Also wie viel von deinen Bassparts oder deinen Beitraegen zu den Songs entsteht spontan, wieviel aus Besessenheit und wieviel einfach aus Empfehlungen von Joe (Perry), Brad (Whitford), Steven (Tyler) oder Joey (Kramer)?  Gibt es da eine allgemeine Regel?  Musikalische Magie kontra allgemeine Bandpolitik und die Details, was fuer den Song und den Songschreiber am besten ist?   

TOM: Diese Details muss man zuerst ausarbeiten. Generell ist es so, dass je mehr festgelegt habe, umso mehr improvisiere ich und spiele ueber mich selber hinaus wenn wir im Studio sind. Steven (Tyler) hat diesen grossartigen Spruch, ‘Lerne ein Arrangement und lerne es so verdammt gut dass du hingehen und es in Grund und Boden spielen kannst, und dass dies im rohen Genie des Moments muendet.’ Aber zuerst muss man die Grundlagen erarbeiten. Manchmal ist es wirklich eine Erleichterung zu merken, dass alles, was ich brauche der Groove dieses Teils ist statt all des Zeugs, was dann noch darueber kommen muss. 

CB: Schaffe das Gefuehl und entwickle dann die Technik und die Einzelheiten des Teils? 

TOM: Ja! Und ich habe immer eine Art Offenbarung mit meinem Spiel. Ich habe so viel geuebt und gedrillt in meinen Studio fuer dieses neueste Album, dass ich meinen rechten Ellbogen ruiniert habe. Zu viel Rumsitzen und Ueben, irgendwie ueberdehnt, auf mein Griffbrett schauend mit dem rechten Arm scharf angewinkelt. Ich kriegte einen Tennisarm am rechten Ellbogen, obwohl ich linkshaendig Tennis spiele. 

CB: Ich wusste, dass Stu Hamm und Billy Sheehan, wie auch andere bekannte Bassisten, entweder Probleme mit ihren Schultern bekamen vom ewigen Stehen mit dem Bass ueber der Schulter, es gibt Ellbogen-Probleme oder natuerlich das Karpaltunnel-Syndrom an den Handgelenken. Generell werden diese Probleme durch Ueber- Beanspruchung beim Ueben verursacht.  

TOM: Richtig. Ich musste  zum Arzt gehen und mich einer Physiotherapie unterziehen, und das alles im Zusammenhang damit, diese Songs aufnehmen zu konennen. Ich bemerkte ploetzlich, wie hart ich mit meiner rechten Hand spielte. Und dann wurde mir bewusst, dass ich mein ganzes Leben immer meine rechte Hand als die Antwort darauf ansah, einen Groove zu spielen. Ich habe die Notwendigkeit, mich auf meine linke Handz zu konzentrieren, komplett vernachlaessigt. So war ich also ploetzlich gezwungen, mit der rechten Hand extrem weich zu spielen. Dies zeigte mir, wie viel Arbeit ich mit der linken Hand machen musste und wie viel Gewicht ich auf dies legen musste. Als ich einmal damit angefangen hatte, stellte ich fest, dass sich mein Spiel viel schneller entwickelte als vorher. Ich erkannte, mein Gott, all diese Grooves und Rhythmen, die ich immer fuer selbstverstaendlich hielt, von denen ich weiss, wie ich sie spielen muss und die ich gut beherrsche, und... heilige Scheisse, ich habe die Arbeit mit meiner linken Hand innerhalb des Grooves immer nur bis zu einem bestimmten Punkt entwickelt und mich dann stattdessen darauf konzentriert, die Noten mit meiner rechten Hand rauszubringen. Jetzt bin ich total auf meine linke Hand konzentriert und es ist erstaunlich, wie es das Bild fuer mich veraendert hat.  Hey, warte mal schnell, ich muss ins Badezimmer. 

Tom legt den Telefonhoerer hin und nachdem ich die Toilettenspuelung gehoert habe, verstreichen noch etwa zwei Minuten bis er den Hoerer wieder aufnimmt, um das Gespraech fortzufuehren. 

TOM: Entschuldige, ich habe eine Minute gebraucht, um mir ein Club-Sandwich zu bestellen.   

CB: Mach dir keine Sorgen. Hast du deine Haende gewaschen?   

TOM: (Lacht) Ja, Mama.   

CB: Ich hoffe, du hast nicht wieder auf den Sitz gepinkelt, verdammt.   

TOM: (Lacht) Ich hoffe, du hast nicht zugeschaut. Weisst du, das Klo in meinem Zimmer hat eine bizarre Vorrichtung. Eine Duese oder irgendsowas. 

 (Ich denke, hier kommt mehr “Gear Queer-Gespraech”, ich kann es fuehlen... ich frage nach - )   

CB: Bist du sicher, dass du nicht ins Bidet gepinkelt hast?    

 (Bemerkung des Autors: Im Webster’s dictionary finden wir folgende Definition fuer Bidet, bi·det (b-d), Name. Franzoesisch. Eine Vorrichtung, aehnlich dem Design einer Toilette, die dazu dient, sich die Genitalien und das Hinterteil zu baden)   

TOM: hmmm… Nein, aber was es ist… ist, aeh… In Japan haben sie diese Toiletten, die diese Duese eingebaut haben. Es ist ein kleines mechanisches Teil, wo du einen Knopf drueckst und dann hast du das Gefuehl, du sitzt auf dem „Old Faithful“.   

CB: Also haben in Japan die Toiletten die Bidet-Funktion eingebaut?   

TOM: Ja. All diese Jahre, in denen wir nach Japan gingen, haben mir bewusst gemacht, wie verschieden wir alle sind.  

CB: Nun, wir sind ein paar Geraete-Fans, das sollte uns wirklich begeistern.   

TOM: (Lacht) Es ist nicht genug Arbeit, den Umgang mit meinen Geraeten zu lernen. Ich muss wieder neu lernen, wie ich die Toilette benuetzen soll?!    

CB: Die Telefon-Erkennung sagt mir, du rufst aus einem Ritz-Carlton an, also hast du wahrscheinlich die edelste Klempnertechnologie dieses Planeten in deinem Zimmer. 

TOM: Diese Technologie breitet sich nun ja auch in den Staaten aus, letztendlich.. nach all den Jahren. (Mockiert sich) Ich wuenschte nur, ich haette mehr Zeit, die ich der Wertschaetzung dieser Dinge widmen koennte.   

 (Ich wollte vorschlagen, mehr Zeit mit dem Bedienungshandbuch zu verbringen, fragte jedoch stattdessen…)   

CB: Zurueck zum rechte/linke Hand – Thema. Ich war mal an einer Clinic mit Gary Willis von Tribal Tech. 

TOM: Oh mein Gott, das ist erstaunlich, er macht einem Angst.   

CB: Gary hat eine verblueffende Spieltechnik, die ihm trotz einer Buehnenlautstaerke, die wie er der Klasse erzaehlte, extrem laut ist, erlaubt, die Saiten mit den ersten drei Fingern seiner rechten Hand sehr fein zu zupfen. Er hat ein Stueck Holz auf den Korpus geklebt, direkt unterhalb wo seine Finger auf die Saiten treffen, und nachdem er eine Saite gezupft hat ist seine Fingerspitze auf dem Holz, und dank diesem Design hat er eine sehr schnelle Art mit der rechten Hand zu spielen. 

TOM: Ich habe einen Haufen Tribal Tech CDs.   

CB: Gary koennte ein unglaublicher Spieler sein als Modell, um deine Technik mit der rechten und linken Hand zu entwickeln und zu verbessern. Ich kann mir keinen besseren Bassisten auf der Welt vorstellen, um dir dabei zu helfen, das zu erreichen, was du dir von dieser neuen Spieltechnik versprichst. 

 (Anmerkung des Autors: auf www.garywillis.com gibt’s Lektionen, MP3s, QuickTime Video, etc.)   

TOM: Ich habe ein paar Lektionen bei Gary genommen vor ca. 10 Jahren. Ich habe ihn ein paar Mal gesehen und dachte, dieser Typ ist ein Chirurg und ich bin ein Metzger. Hmmm.... ich muss ihm ein ‘Hallo‘ mailen. Nun, diese neue Technik hat Kreativitaetsdimensionen geschaffen, die fuer mich irgendwie neu waren und ich habe einfach einen totalen Dampf drauf wenn ich heutzutage bei Aerosmith die Bassgitarre spiele. 

CB: Was hast du fuer Projekte neben Aerosmith?  Wenn du nicht im Studio oder auf Tournee bist, wie viel Zeit verbringst du ohne das Instrument, oder bist du immer am Ueben, spielen und aufnehmen? Stellst du manchmal auch alles ab und sagst, ich will kein Studio von innen sehen oder irgendwas mit vier oder fuenf Saiten fuer einige Monate? 

TOM: Ich kann ehrlich sagen, dass es vor dem letzten Album keine Sekunde gab, in der ich nicht an Musik dachte oder darin absorbiert war. Wenn du etwas wie Musik machen willst, und du willst es gut machen, dann kannst du das nicht einfach ein paar Stunden am Tag machen und dann weggehen und was anderes machen. Du musst so unbequem besessen sein davon, dass du nicht aufhoeren kannst, daran zu denken. Daraus ergeben sich Konsequenzen, und fuer mich war es, dass ich stets auf der Suche nach mir war um mein Spiel zu verbessern. Darum war ich weniger als 100% da fuer meine Familie und den Rest meines Lebens, wie all die anderen Dinge, die ich gerne mache. Ich kenne also die Antwort auf diese Frage nicht. Es ist wie mit Schriftstellern. Wenn du Schriftsteller bist und wach, dann bist du immer am Schreiben, ob du einen Stift in der Hand hast oder nicht. Das ist dasselbe mit der Musik. Zum Beispiel, wenn ich in meinem Studio waehrend vier oder fuenf Stunden sitze, und mir ploetzlich bewusst wird, wow, ich habe die ganze Zeit allein in diesem Zimmer gesessen und dasselbe Lied fuenf Stunden lang gespielt. Das ist der Wahnsinn, ueber den man spricht, wenn man ueber ein Kuenstlerleben berichtet. Es hat all die Merkmale, ungesund zu sein – du isolierst dich selbst, du bist besessen, zwanghaft, und du repetierst dieselben Bewegungen immer und immer wieder. Ich hatte eine Offenbarung ueber die Schaedlichkeit, aber absolute Notwendigkeit davon. Wenn du dich selber dazubringen willst, besser zu werden, musst du etwas ungesund sein.  

CB: Ein bisschen besessen/zwanghaft sein?   

TOM: Ja, aber du musst aufpassen, dass du nicht durchdrehst dabei, sodass du wenn du aus dem Studio kommst, nichr total neurotisch bist. 

CB: Da es  Aerosmith nun schon seit 30 Jahren gibt, hattest du je die Nase voll davon, bestimmte Songs nach all den Jahren noch immer zu spielen? Hast du dir zum Beispiel je gesagt, wenn ich ‘Dream On’ noch ein mal spielen muss, dann muss ich kotzen? Entwickelst du Basslinien aus frueheren Arbeiten weiter oder neu, um die Songs spannend zu erhalten, oder hast du einen Punkt erreicht, wo du ehrlich sagen kannst, die Basslinien und mein Beitrag zum Song koennen nicht mehr verbessert werden? 

TOM: Das ist ein naechtliches Ding. Wenn ich auf der Buehne bin, spiele ich die Songs im Grundsatz gleich. Was ich aber definitiv bemerkt habe ist, wie ich die kleinen Loecher fuelle, wo ich improvisieren kann. Das bringt es einen Schritt weiter davon, was es immer war. Wenn wir “Dream On’ spielen, hat es im Refrain einen sehr simplen Bass, also improvisiere ich mit den Oktaven, und so lange ich eine Improvisation hinzufuege, die geschmackvoll ist und der Stimmung des Songs beitraegt, steigert es den Song. 

Bei ‘Same Old Song and Dance’ spiele ich ein Quasi-Solo am Schluss des Liedes und ich habe bemerkt, wie sich das mit meinem neuen Bewusstsein in der linken Hand gesteigert hat. Das Wichtigste ist, dass es jeden Abend ein neues Publikum hat. Da gibt es einen Teil, der ueber das was du spielst hinausgeht. Es geht um die Kommunikation, die du mit dem Publikum machst. Wenn du einen Song anfaengst zu spielen, von dem du weisst, dass sie ihn alle hoeren wollen, der Ausdruck von Freude in ihren Gesichtern... das ist wie ein Gespraech. Es ist, als ob du jeden Abend dasselbe Gespraech mit einem unterschiedlichen Wesen fuehrst, also ist es immer frisch. Es gibt ein paar Songs, bei denen wir ihnen fuer eine Weile eine Pause geben muessen. Wenn du an den Text von ‘Dude Looks Like a Lady’ denkst, der ist einfach dumm. Aber der Groove ist sensationell und das Publikum flippt aus wenn wir es spielen. Wir haben versucht, mutig zu sein und es nicht zu spielen, aber trotzdem das zu spielen, wovon wir wissen, dass es das Publikum lieben wird, und auch ein paar neue Sachen zu spielen, die sie noch nicht gehoert haben. Das Lied ‘Angel’s Eye’ aus dem Charlie’s Angels Soundtrack ist ein grossartiger Rock’n’Roll-Song, aber nur wenige Leute in unserem Publikum haben ihn je gehoert oder ihn sich genau angehoert. Statt mitzusingen oder laechelnd abzuheben weil sie den Song kenne, hoeren sie zu, tanzen, aber darueber hinaus analysieren sie und versuchen herauszufinden, was dieses neue Ding ist, das die Band da spielt. Dafuer musst du bereit sein und dir keine Sorgen darueber machen, denn du weisst, dass sie den naechsten Song lieben werden. 

CB: Ich habe den Eindruck, du hast ein ziemlich durchdachtes Heimstudio. 

TOM: Ich kann dir sagen, mein Studio ist hinter meinem Haus im Hof, und wenn ich da ruebergehe, dann ist das so ein tolles Gefuehl, das ist wirklich ein Heiligtum fuer mich. Es ist nicht so klein, aber es ist ein kleines Studio mit einer grossen Mackie Analog 32*8 Konsole in der Mitte des Raumes, und ich kenne wahrscheinlich nicht mal einen Zehntel der Moeglichkeiten, was ich damit machen koennte. Ich habe Pro Tools, da kenne ich etwa einen Fuenftel, aeh, vielleicht einen Achtel der Moeglichkeiten, und sonstige Geraete und fantastische Gitarren und Baesse und ein grossartiges Keyboard. Das ist alles da um mich herum, und ich fuehle mich total in meine Phantasie eingesteckt. Ich habe keine Ahnung von all dem technischen Zeug. Das ist nicht gerade eine meiner Staerken, herauszufinden, wie all diese Technik funktioniert. Ich habe andere Staerken, aber es ist schwierig fuer mich, alles zum Laufen zu bringen, dass es miteinander funktioniert. 

CB: Gitarre zu spielen ist sehr biologisch und taktil. Du beruehrst das Instrument und bekommst einen Ton. Ist all diese Technologie ein Hindernis geworden fuer den kreativen Prozess? 

TOM: Ja, ausser du weisst, wie es funktioniert, dann ist es genau das Gegenteil. Dinge wie Pro Tools setzen einen Haufen Kreativitaet frei. Aber du musst wissen, wie du alles dazu bringst, dass es zusammen funktioniert. Wenn du einen einfachen MIDI Schlagzeugteil zusammenstellen willst, kann ich dasitzen und das Zeug stundenlang anstarren und es nicht dazubringen, dass es zusammen funktioniert. Irgendwie denke ich, wir sind in einer rauhen 1. Weltkriegs-Technologie-Aera, denn das alles ist ueberhaupt nicht anwenderfreundlich, es ist nicht einfach genug, es gibt keinen Industriestandard fuer all dieses Zubehoer, damit alles zusammen funktioniert. Wenn du ein Problem hast und den technischen Dienst anrufst, dann ist das erste, was dir der Berater sagt, ruf den technischen Dienst vom anderen Geraet an, weil der Fehler dort liegt. Es ist ein Teufelskreis. Eines Tages wird es nicht mehr so sein, und wir werden alle auf diese Zeit zurueckschauen, als noch niemand wirklich wusste, was all das Zeug koennen sollte. Ich kann diesen Tag kaum erwarten. 

Alles in allem wird es besser, aber groesstenteils ist die ganze Technologie viel zu schwierig gleichzeitig zu benuetzen. Manchmal bin ich oben in meinem Studio und spiele Bass ohne einen Verstaerker, und dann kommt mir etwas schnell in den Sinn, das ich nicht vergessen moechte, und bis ich alles angeschlossen und eingeschaltet habe, habe ich schon wieder vergessen, was ich machen wollte. Meine Loesung ist, es zu machen wie ich es damals vor 25 Jahren gemacht habe, als ich nur einen kleine Pearlcorder oder eine Boom Box in der Naehe hatte, wo ich einfach den Aufnahmeknopf druecken konnte. Man muss die Technologie zurueckbringen zur Einfachheit einer Boom Box. 

CB: Die neueste Aerosmith-Platte, ‘Just Push Play’ wurde in Joe Perry’s Studio aufgenommen und abgemischt.   

TOM: Abgemischt, aber nicht gemastert.  Wir nehmen mehr oder weniger die ganze Platte bei Joe zu Hause auf, ausser ein paar Schlagzeugsachen. 

CB: Wenn du bei dir zuhause aufnimmst, nimmst du diese Aufnahmen dann an die Aerosmith Sessions mit und kommen diese Aufnahmen dann direkt auf das Aerosmith-Album?    

TOM: Nichts davon. Theoretisch koennte ich meine Basslinien in meinem Studio aufnehmen und eine Harddisk davon zu Joe mitbringen, aber ich bin noch immer nicht gut genug als Ingenieur, als dass ich das besser koennte als die Jungs, die mit uns fuer die Platte gearbeitet haben. Sicher, die Platte wurde in Joe’s Heimstudio aufgenommen, aber wir hatten angemessene Ingenieure und Experten, die das fuer uns gemacht haben. Ich bin noch nicht an dem Punkt, dass das, was ich in meinem Studio aufnehme, das Potenzial von den Sachen hat, die ich in Joe’s Studio erreichen kann. Aber es rueckt immer naeher. Keine meiner Kompositionen kam auf diese Platte, aber ich habe viel geschrieben und aufgenommen. Wahrscheinlich weil vieles davon nicht zum typischen Aerosmith-Stil passt, aber das Zeug, das ich aufgenommen habe, toent ziemlich gut. Mein Problem ist das Abmischen. Ich weiss nicht, wie das geht. Ich kann Verzerrung auf die Spur geben und den Bass aufdrehen bis dahin, wo ich ihn im Vergleich mit der Snare Drum haben will etc. aber die wirklichen Details, wie man abmischt und arrangiert und die Frequenzbereiche, da muss ich noch daran arbeiten. Ich habe Grundideen fuer Songs, die ich einem Freund zum Mischen und Editieren gegeben habe, und jetzt warte ich und schaue, was herauskommt. Ich sammle all mein eigenes Zeug, das dann hoffentlich eines Tages herauskommen wird. 

CB: Hat die Tatsache, dein eigenes Studio zu haben, den Aufnahmeprozess modernisiert, wenn alle fuenf Mitglieder von Aerosmith ins Studio gehen um eine Platte zu schneiden?   

TOM: Ich denke schon. Nicht unbedingt wegen der Technologie, sondern weil du viel besser vorbereitet sein kannst. Wie sicher du bist, haengt davon ab, mit was du in diesen kleinen Zwischenraeumen aufwarten kannst, wenn du dich selber leuchten lassen kannst. 

CB: Hast du einen Ingenieur, der dir in deinem Heimstudio hilft?   

TOM: Nein, ich mache es selbst. Wir haben einen Typ, der Vor-Produktionsassistent war. Er ist ein Freund von uns namens Paul Santo, ein ausgezeichneter Musiker. Er spielt grossartig Schlagzeug, Gitarre, Klavier, und er kennt die ProTools und hat Joey und mir geholfen, unsere Bass- und Schlagzeugparts vorzubereiten. Waehrend des Schreibprozesses haben Steven und Joe, Marty Frederickson und Mark Hudson Aufnahmen gemacht waehrend dem Schreiben. Diese tollen kleinen Demos sind dabei herausgekommen, die sie uns allen rundherumgeschickt haben, damit wir unseren Teil dazu vorbereiten konnten. Es war toll. Paul kam rueber und hat ProTools angestellt und mir geholfen, meine Uebungen aufzunehmen, damit ich hoeren konnte, was ich richtig oder falsch machte. Er hat nicht nur die ProTools fuer mich zum Laufen gebracht, er konnte mir auch Vorschlaege machen, die wichtige Abkuerzungen waren, damit alles gut wurde. Es ist etwas Wichtiges, einen Mentor zu finden, einen Lehrer oder Guru, wie immer man diese Person bezeichnen mag. Sie bringen dir nicht notwendigerweise Sachen bei, die du nicht auch alleine lernen koenntest, aber sie verkuerzen den Lernprozess, heben Dinge hervor und legen Wert auf Dinge, die du vielleicht sechs Monate oder sechs Jahre nicht bemerkst. Ich empfehle jedem, der ein Instrument spielt, einen Guru zu suchen. Ich habe aufgehoert zu sagen, ‘nehmt Unterricht’. Ich glaube, viele Lehrer versuchen, dir eine bestimmte Art, Dinge zu machen aufzuzwingen, die du nicht willst – manchmal macht ein Lehrer das. Du willst einen Lehrer, der sich anschaut was du machst und sieht, dass du potenziell in die richtige Richtung gehen koenntest, und dann zeigt er dir einfach, wie du es selber findest. 

CB: Ich weiss, woher du kommst. Seit ich mit neun Jahren zu spielen angefangen habe bis ich 19 war habe ich bei sechs Lehrern Unterricht genommen und mich immer genervt, ich fuehlte mich, als ob ich ueberhaupt nichts lernen koennte. Ich setzte mich mit einem Freund hin, einem sehr begabten Bassisten und Allround-Musiker, und in einer Stunde hatte er mir mehr beigebracht als sechs Lehrer mir waehrend neun Jahren eintraeufeln konnten. Ich hatte schon immer das Gefuehl, viele Musiklehrer inspirieren einen nicht, sie versuchen einfach, langweiliges Zeug in deinen Kopf zu stopfen. Die Musiklehrer, mit denen ich gearbeitet hatte, waren von der Sorte, die wenn du sie nach der Zeit fragst, dir erklaeren, wie man eine Uhr herstellt! 

TOM: Genau. Um den Gedanken zu Ende zu denken, wenn du zum Arzt gehst, weisst du, wie du ihn alle moeglichen peinlichen Sachen fragen kannst, die du nicht einmal deinem besten Freund stellen wuerdest? Du ziehst dich nackt aus vor dem Arzt. Wen immer du also als Lehrer oder Guru hast, du musst in der Lage sein, deine Verteidigung abzulegen und einfach wirklich du selbst sein genau dort, wo du mit deinem Instrument wirklich bist. Du musst dir keine Gedanken darueber machen, jemanden beeindrucken zu muessen und dich nicht fuer deine Faehigkeiten schaemen. Du musst diesen Mentor ein Arzt sein lassen. Wenn du musikalische Haemmorrhoiden hast, kann er dir weiterhelfen. 

CB: Mit all deinen eigenen Liedern, die du ansammelst, um sie eines Tages ans Licht zu bringen, freust du dich auf ein Nebenprojekt ausserhalb Aerosmith?   

TOM: Wir sind total gesaettigt mit dem, was wir damit machen muessen, was jetzt gerade laeuft, und das macht Spass. Die Zeit wird kommen, nach dieser Tournee vielleicht oder wann auch immer, wo wir uns auf etwas anderes konzentrieren koennen. Im Moment ist es 100% Aerosmith.   

CB: Diese Tour geht noch weiter bis Ende 2001?   

TOM: Wir sind bis Dezember 2001 ausgebucht, und dann gehen wir im Januar 2002 nach Japan, und dann entscheiden wir uns, was wir danach wollen. Vielleicht nehmen wir ein paar Monate frei, oder vielleicht gehen wir auch gleich wieder zurueck raus und touren weiter nach Japan. 

CB: Denkst du, Aerosmith werden in fuenf oder 10 Jahren noch immer voll dabei sein, oder wird es einen Punkt geben, wo du dich damit einverstanden erklaerst, dass es Zeit ist, sich zu pensionieren, um nicht eine Parodie des Las Vegas Elvis Presley Nightclub Acts zu werden?   

TOM: Hmmm… was die Zeit in fuenf Jahren anbetrifft, bin ich sicher, solange– so Gott will – wir alle gesund sind und nicht zum destruktiven Benehmen von frueher zurueckkehren, werden wir wahrscheinlich noch Konzerte geben, vielleicht eine Sommer-Tournee, aber wir werden wahrscheinlich nicht mehr fuer zwei Jahre rausgehen. Ich habe darueber nachgedacht, und es sieht fast so aus, als ob diese Band nicht mal auseinanderbrechen koennte, wenn sie wollte. Aber auf der anderen Seite koennten wir auch heute abend auseinanderbrechen. Es koennte jederzeit Verletzlichkeit auftauchen, und es koennte jederzeit etwas passieren, das irgendeinen von uns dazu treiben wuerde, nach Hause zu gehen und die Tuere hinter sich zu schliessen. Das Problem ist, dass das Telefon weiterlaeuten wuerde. Jemand wuerde sagen ‘wir wollen, dass ihr rueberkommt und eine Show in Thailand macht’. Was sagt man da?  Nein, ich muss noch Socken waschen ? 

Neuigkeiten von unterwegs, geschrieben von Tom Hamilton, sowie die aktuellen Aerosmith Tourdaten findest du auf:

www.Aerosmith.com

 

Edith Hofmann

 

 

 

 

 

                                  

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Last modified: June 16, 2009