Global Bass Online                                                                                February 2002

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Massimo Moriconi in German

 

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by Andrew Pfaff

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von Alessandro Arcuri


Einer der Bassisten, die italienische Pop-Musikgeschichte geschrieben haben, von seinen Jazz-Anfaengen mit Romano Mussolini, Armando Trovajoli und Nicola Arigliano bis zu seiner Arbeit als Begleitmusiker fuer Kuenstler wie Mina, Fabio Concato, Fiorella Mannoia und internationale Stars wie Lee Konitz, Tal Farlow und viele andere, und sogar fuer Jerry Lewis und Liza Minelli, gibt seine musikalische Begabung auch in seiner intensiven Lehrtaetigkeit weiter. Massimo ist tatsaechlich einer der aktivsten Musiklehrer, sowohl mit seinen Instruktionsmethoden wie auch einer Vielzahl von Studenten an der Musik-Universitaet von Rom und der “%musica” Schule, auch in Rom. Als ob das nicht schon genug waere, machen ihn die Preise, die er als Kontrabassist und bester Studio-Bassist (“Guitar Club” Magazin – 1995) sowie bester Jazz/Fusion Bassist (“Chitarre” Magazin) zu einer Erscheinung im italienischen Musikpanorama, so solide wie seine Basslinien.

Alessandro Arcuri: Ich habe bemerkt, dass du sowohl mit klassischem wie auch mit elektrischem Bass angefangen hast. Hast du zuerst mit elektrischem Bass angefangent?   

Massimo Moriconi: Ja, ich habe Rock gespielt.   

AA: Vermutlich wegen den Beatles.   

MM: Nein, wegen fast allen, Jimi Hendrix, Santana, Cream…   

AA: Und dann gingst du ans Konservatorium? [L. Refice Konservatorium in Frosinone]   

MM: Ja, ich habe es angefangen, aber nie abgeschlossen. Ich war nur fuenf Jahre dort, denn ich musste auch arbeiten, und konnte nicht alles unter einen Hut bringen.

AA: Aber deine klassische Ausbildung hat dir bei der professionellen Arbeit am Bass geholfen, oder? 

MM: Nun, nicht so sehr, denn ein Studium am Konservatorium ist eine ziemlich mechanische Sache, da gibt es wenig Musik, viel Kontrabass-Technik, ja, aber musikalisch gesprochen ist klassische Musik etwas, was du liest, waehrend du moderne Musik komponierst, wenn du zum Beispiel eine Basslinie oder ein Solo improvisierst. Deshalb sind das zwei verschiedene Dinge. 

AA: Etwas, was mir viele Kontrabassisten mit Diplom-Abschluss sagten ist, dass sie Musik wirlich anfingen zu verstehen, als sie begannen, Jazz zu spielen. 

MM: Absolut richtig. Jazz oder sogar Pop-Musik, egal, nicht notierte Musik. Da ich viele Seminare halte, treffe ich viele Musiker, auch solche mit Abschluss, die voellig verbluefft sind, wenn sie einen Gitarristen oder Pianisten sehen, der Akkorde spielt, indem er einfach die Symbole liest.  

Was im klassischen Studium fehlt, ist Harmonie-Analyse, das Wissen, was du spielst. Klar, ab einer bestimmten Stufe triffst du klassische Musiker, und ich meine die grossen Italienischen, mit denen ich schon zusammengearbeitet habe, die Jazz und Pop-Musik lieben, und die das auch gut spielen koennen. Das Problem liegt an den Konservatorien, wo die Lehrer all die Dinge, die heutzutage Bestandteile der Musik sind, nicht miteinbeziehen. 

AA: Da du ueber italienischen Jazz sprichst, und du ja mit Romano Mussolini, Armando Trovajoli und so weiter gespielt hast, ich habe herausgefunden, dass man den Liedern im italienischen Jazz ihre Herkunft anhoert. Was kannst du mir darueber erzaehlen? 

MM: Nun, es gibt einen mediterranen, latin-maessigen Stil. Italien hat eine starke Persoenlichkeit, musikalisch gesehen, es gibt viele gute Musiker mit einem sehr persoenlichen Stil. 

AA: Viele von ihnen haben auch auf Soundtracks und fuer Filmmusik mitgearbeitet, wie zum Beispiel Trovajoli.   

MM: Ja, aber alle haben mit Jazz agenfangen, auch die Show-Musiker. Ich habe achtzehn Jahre mit Lelio Luttazzi gespielt, der bei Mina in der “Studio Uno” Show gespielt hat, und er hat Stuecke von Erroll Garner gespielt. Auch Peppino di Capri und die Saenger aus der damaligen Zeit haben alle Standards geliebt. Damals gab es diese starke Kultur in Italien. 

AA: Und hast du den Jazz-Einfluss auf den Soundtracks der Sechziger- und Siebzigerjahre bemerkt, mit ihren komplexen Arrangements? 

MM: Absolut! Genau die Stuecke, die in den Fuenfzigern und Sechzigern geschrieben wurden, sind heute Standards, wie jene von Gorni Kramer. In diesen Liedern war ein starker Sinn fuer Melodie, den wir heute irgendwie zu verlieren scheinen. 

AA: Wurden sie nach den amerikanischen Standards kreiert?   

MM: Ich wuerde eher sagen, nach neapolitanischen Liedern aus dem achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert, die echte Kunst-Werke sind. Wir haben ein riesiges kulturelles Erbe, doch wir wissen nur wenig davon. 

AA: Sagtest du deswegen, dass wir den Sinn fuer melodische Musik verlieren? 

MM: Wir verlieren ihn, weil Melodie Fantasie ist, im Gegensatz zur Harmonie, die eine exakte Wissenschaft ist, mit all den Informationen, die uns heute so rasch zugaenglich sind, sogar wer spielt, tut dies aus dem Gedaechtnis. Es gibt weniger Fantasie. Die Bands sind heutzutage weniger wiedererkennbar. Vor zwanzig Jahren gab es Bands mit einer Bandbreite von Genesis bis Yes, jede mit ihren eigenen Sounds und Melodien, heute ist alles ausgeglichen. Man macht Platten, die auf einem Groove oder einem einzigen Akkord basieren, und fuegt ein paar Riffs dazu. Nicht nur die Musik, jegliche Kunst ist heute irgendwie abgeflacht. 

AA: Kommen wir zu deiner Filmmusik-Arbeit mit all diesen sorgfaelig ausgearbeiteten Arrangements; hast du da ausgeschriebenen Partituren erhalten? 

MM: Natuerlich, ein Arrangeur ist dazu da, Partituren fuer jedes einzelne Instrument zu schreiben, also waren da all die “schwarzen Punkte”, es war alles notiert. Ich muss hier aber noch etwas dazu sagen. Noch nie habe ich eine Partitur gelesen, ohne etwas hinzuzufuegen. Ich lese gerne, denn ich finde, es fuehlt sich nicht anders an als zu spielen, oder was du als “Spielen” betrachtest, was ja kreieren ist, oder? Fuer mich kann eine Partitur relativ offen interpretiert werden.  

AA: Auch wenn du dich genau an sie haeltst?   

MM: Unbedingt. Du kannst Musik nicht aufschreiben, du kannst die Noten aufschreiben, aber Dynamik, Klang, Verzierungen... das ist Sache des Spielers. 

AA: Und die Arbeit, die du in der Pop-Musik hast? Ist das voellig anders? 

MM: In der Pop-Musik? Nun, ich rede von Mina, da das fuer mich das Groesste ist….   

AA: Aber dort hast du auch sehr komplexe Arrangements, oder? 

MM: Nein, ueberhaupt nicht. Es ist alles improvisiert, erste oder zweite Aufnahme. Ich habe lediglich die Akkord-Symbole. 

AA: Akkord-Symbole und Rhythmus-Vorgaben?   

MM: Nein, nein, das ist unsere Sache. Wir arbeiten schon seit zwanzig Jahren mit ihr zusammen, also hoeren wir den Song einfach und spielen nach Gefuehl, was fuer mich das Schoenste ist. 

AA: Also hoerst du dir einfach ein Demo an, und dann kommt es auf das Gefuehl an, das du mit den anderen Musikern entwickelst, die ja glaube ich immer dieselben sind, oder? 

MM: Genau, speziell deswegen... da ist zum Beispiel Danilo Rea, der auch schon seit zwanzig Jahren dabei ist... wir sind immer die gleichen. 

AA: Die Suche nach coolen Harmonien ist also Sache des Arrangeurs, waherend der Rest von den Musikern abhaengt. 

MM: Ja, genau.   

AA: Bei einigen von Mina’s Liedern hoert man komplexe Harmonien, erweiterte Akkorde, und ich bekam den Eindruck, es sei alles irgendwie “von oben” bestimmt.   

MM: Ueberhaupt nicht, aber das passiert nur mit ihr. 

AA: Genau! Und in Situationen wie zum Beispiel mit Audio 2?   

MM: Ich habe bei ihnen immer meine eigenen Basslinien entwickelt, aber das ist ein anderes Niveau... Ihre Arbeitsweise ist voellig anders. Etwas kommt vom Arrangeur, der bereits Ideen fuer den Song hat, aber bei den Bassparts spiele ich seit zehn Jahren, was ich selber entwickle. Das ist etwas, das mir sehr gefaellt. 

AA: Also ist die Basslinie ihres Hits “sono le venti” von dir!   

MM: Alle sind von mir. Sie haben mir nie eine Basslinie vorgeschrieben. 

AA: In diesem Song spielst du ein Ostinato, eine Basslinie, an der man den Song sofort erkennt. 

MM: Ja, das ist extra fuer diesen Song gespielt. 

AA: Wenn du zu einem neuen Song etwas spielen sollst, hast du da sowas wie ein “Bass Riff - Archiv” oder mischst du verschiedene Einfluesse?   

MM: Etwas, das ich nie gerne gemacht habe, ist Basslinien aus Platten raushoeren... es ist unglaublich, ich weiss, es ist uncool, aber es ist wahr. 

AA: Du meinst, Songs lernen?   

MM: Genau. Aber ich habe sie mir angehoert.   

AA: Also ist es unbewusst, denn nachdem du sie so oft gehoert hast... 

MM: Genau, genau, denn was ich spiele, ist was ich mir angehoert habe, aber ich denke nie an etwas Bestimmtes, ich vermische alles. 

AA: Und das Endresultat ist die unmittelbare Komposition einer Basslinie. 

MM: Genau.   

AA: Ich habe auf deiner Homepage gelesen, dass du fast ausschliesslich Manne Baesse spielst. 

MM: Ja.   

AA: Obwohl es fuer dich als italienischer Bassist nahelaege, wenn du ein italienisches Instrument spielen wuerdest, tust du dies nicht, wegen der riesigen weltweiten Konkurrenz gegen die zwei oder drei italienischen Hauptmarken. 

MM: Weisst du, ich glaube, das Instrument ist nicht wirklich wichtig, wenn du einen frischen Saitensatz aufgezogen hast. Der Klang kommt von den Saiten und deinen Haenden. Wenn du dir genau denselben Bass anhoerst, von zehn verschiedenen Musikern gespielt, dann hoerst du zehn verschiedene Klaenge. Wenn er sich nicht verstimmt und kein Brummen hat, genuegt das... heutzutage haben all die Instrumente fast die gleiche Qualitaet. Ich bekomme jetzt dann ab 2002 einen Music Man, das ist ein Instrument, das ich wirklich liebe. Aber vor nur zehn Jahren habe ich Peavey Baesse gespielt, die damals noch keiner kannte. Du kannst den Unterschied zwischen einem aktiven und einem passiven Bass hoeren, aber abgesehen davon sind alle Baesse wunderschoen... 

AA: Also ist das Gefuehl am wichtigsten. Ich habe auch gesehen, dass du darauf den Schwergewicht legst beim Unterrichten. 

MM: Ja, denn sonst waere es, als ob man Musik nur auf Noten reduzieren wuerde, oder nur Worte sprechen wuerde. Denn wenn ich [imitiert eine Computerstimme] anfangesozuredenohnepausenoderdynamikvonmorgensfruehbisabendsspaet, koennte ich dir wunderbare Dinge erzaehlen, aber... es waere wie wenn du spielst und dabei nur an Noten denkst. Noten sind das Letzte, worueber man sich sorgen sollte... ich meine, es gibt ja nur sieben... es ist die Dynamik, auf die es ankommt, deine Absicht, die Ideen, der Klang und am meisten, wie du dem Tempo folgst. 

AA: Also ist das in deinem Unterricht das Wichtigste.   

MM: Auf jeden Fall, denn wenn ich unterrichte, dann geht es mir darum, dass der Student gleich anfaengt, Musik zu machen, und von Anfang an Musik zu machen heisst nicht technische Uebungen, sondern etwas wie “bo-ba-bom, t-chak, ba-bom, tak, bo-ba bom…”, keine technische Herausforderung, aber du musst das richtige Timing haben, und den richtigen Sound. Anzufangen Musik zu machen wenn du das Instrument erst mal in den Fingern haeltst, darum geht es. Wenn du technische Uebungen machst, einfach nur Tonleitern spielst, machst du keine Musik, und wenn du versuchst, deine Uebungen in der Musik anzuwenden, funktionieren sie nicht, weil Musik eine Mischung aus vielen Dingen ist, die du von Anfang an richtig miteinbeziehen musst. 

AA: Klar… Verglichen mit den anderen Bassisten, die ich interviewt habe, unterrichtest du am meisten.  

MM: Nun, ich unterrichte wirklich gerne. Ich mache das jetzt seit fuenfzehn Jahren, ich habe die ersten italienischen Lehrvideos gemacht, fuenf Stueck, und dann ein 460seitiges Buch mit zwei CD’s, ein weiteres letztes Jahr, einen Rhythmus-Kurs... das kommt alles von meiner Arbeit. 

AA: Hast du Sachen fuer elektrischen und Kontrabass gemacht? 

MM: Ja, aber ich habe weniger Kontrabass-Schueler. Letztes Jahr hatte ich neunzehn Studenten an der Schule in Rom, und nur zwei spielten Kontrabass. 

AA: Also wird deiner Meinung nach der Kontrabass generell als Jazz-Instrument angesehen? 

MM: Nein, nein, er wird auch im Pop gespielt. Nun, vielleicht habe ich einfach Glueck, weil ich mit Mina und Fabio Concato zusammenarbeiten kann, und durch sie habe ich ihn viel gebraucht... aber ich denke trotzdem, man sieht das recht oft. 

AA: Warum ist denn die Balance zwischen den beiden Instrumente so unausgewogen?   

MM: Weil der Kontrabass ein Instrument ist, das alles andere als billig ist, und du brauchst Monate, um nur die Toene richtig herauszubringen, es ist praktisch eine koerperliche Herausforderung. 

AA: Merkst du Einfluesse zwischen den beiden Rollen? Ich meine, von der E-Bass- zur Kontrabass-Rolle? Oder betrachtest du sie als zwei separate Sachen? 

MM: Ich sehe sie als zwei verschiedene Dinge an, wie auch den bundlosen Elektrobass, denn es macht keinen Sinn, mit dem bundierten Bass ein paar Riffs zu spielen und dann dasselbe auf einem Bundlosen zu probieren. Das sind also drei Instrumente, und die Schwierigkeiten sind eher psychologisch als technisch, ich meine, dass du dem Instrument nahe kommst und dich von ihm auf verschiedene Arten an die Musik heranfuehren laesst. Denke einfach, dass du Heavy Metal nicht auf dem Kontrabass spielen kannst... 

AA: Und wenn du dir zum Beispiel eine Basslinie zuerst im Geist vorstellst, kannst du dich dann entscheiden, auf welchem Bass du das nachher besser spielen kannst? 

MM: Klar, zuerst singe ich etwas einfach fuer mich, und dann entscheide ich, mit welchem Instrument sich das besser umsetzen laesst. 

AA: Zurueck zum Unterrichten. Was empfiehlst du einem jungen Bassisten, der sein Instrument bestmoeglich spielen will? 

MM: Als Erstes, trau keinem Lehrer, der dich lehrt, was er kann, denn ein Lehrer sollte dir nicht Dinge zeigen, sondern er sollte dir zeigen, wie du sie selber machst. So entwickelst du deine eigene Persoenlichkeit auf dem Instrument, und es verhindert den “Klon” Effekt des Lehrers selbst. Es ist oft mehr eine persoenliche als eine musikalische Angelegenheit. Es ist eine grosse Verantwortung, die leider zu oft nicht richtig in Betracht gezogen wird. Und nimm nicht an, dass du pro Note bezahlt wirst. Zuerst musst du die Rolle deines Instrumentes kennen, dass wenn es um “bum, bum, bum” geht, du das auch machen solltest, weil das vielleicht zu diesem speziellen Stueck passt. Weil du Musik machst, und das ist das Wichtige. 

Besuche auch Massimo’s Homepage auf: www.massimomoriconi.com

 

Edith Hofmann

 

 

 

 

                                  

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Last modified: June 16, 2009