Alphonso
Johnson – Bewusstes Spiel
Viele
Musiker in der heutigen staendig wachsenden und vielbeschaeftigten Welt scheinen
aus Willen zu spielen, mehr denn aus dem Gefuehl, das eine Musikerseele aus dem
Inneren ruft. Aus dieser Sicht ist bewusstes Spiel eine Art Seelen-Gespraech,
anders als das Ergebnis einer Entscheidung – basierend darauf, wie z.B. ein
Instrument aussieht. Die Idee des ‘Musikers’ identifiziert sich nicht so
sehr darin, was man spielt, als durch die Stimmung, die aus dem Innersten des
Instrumentes ausstroemt, wenn es der Musiker in die Haende nimmt, um mit dem
Konzept des Spielens zu beginnen. In diesen Musikern ist die resultierende
Stimmung in ihrer reinsten Form von diesen wenigen Auserwaehlten, die Idee des
„Musikers“ ist identifiziert und definiert fuer die Welt zu sehen.
Dies
ist bei diesem meisterhaften Musiker Alphonso Johnson der Fall. Es kommt nicht
mehr darauf an, dass er ein weltberuehmter Bassist und Chapman-Stick Spieler ist,
wenn er einmal angefangen hat zu spielen... er singt durch sein Instrument mit
ungewoehnlicher Grazie und Beredsamkeit.
Alphonso
hat einen sehr ausgefuellten Tour- und Aufnahmeplan mit den Gruppen “Jazz Is
Dead”, “Gov’t. Mule” und einem Trio mit dem Gitarristen Jeff Richman und
Schlagzeuger Gary Novak. Und ab Juni 2001 beginnt er damit, Privatunterricht zu
geben in Torrance, California bei Marshall Music.
Seine soeben veroeffentlichte neue CD, “The Alphonso Johnson Collection”,
mit Stuecken aus seinen drei letzten Soloalben Moonshadows, Yesterday's Dreams,
und Spellbound ist eine fantastische Gelegenheit, um Alphonso zu treffen und zu
sehen, was er ueber Bass, das Leben und alles dazwischen zu sagen hat.
BAJ:
Was laeuft mit Bombay Chill?
Alphonso Johnson:
Das war schon eine Weile ein Traumprojekt von mir und hat keine Form angenommen,
bis ich nach Indien ging und Prasanna (der indische Gitarrist Prasanna Ramaswamy)
traf. Da wusste ich, dass die Zeit reif war, es Wirklichkeit werden zu lassen.
Wir sind immer noch am Songs schreiben und rausfinden, wer der Schlagzeuger sein
soll. Er und ich haben uns im September etwas Zeit reserviert, um zusammen nach
Los Angeles zu gehen und den naechsten Schritt in Angriff zu nehmen, der da
waere, ein paar Schlagzeuger vorspielen zu lassen und etwas auf Tape aufzunehmen.
Das Schoene an Bombay Chill ist, dass wir beide aus Erfahrung wissen, wie
wichtig es ist, dass man es von Anfang an richtig macht, darum haben wir keine
Eile. Da wir die dynamische Spannung zwischen uns aufrechterhalten, verliert die
Musik nichts von ihrer Dringlichkeit.
BAJ:
Es sieht so aus, als seist Du waehrend der letzten paar Jahre ununterbrochen auf
Tournee gewesen. Wie kamst Du zu Gov't Mule, und wie laeuft es mit "Jazz Is
Dead" im Moment?
AJ: Um
genau zu sein bin ich seit 1974 immer auf Tournee gewesen und nahm mir lediglich
zwei Sommer frei, um mit meiner Familie in die Ferien zu fahren, das sind also
mehr als ein paar Jahre! So lange wegzusein fordert natuerlich seinen Tribut und
wirkt sich auf Dein Privatleben aus, und ich versuche nun, einen besseren
Ausgleich zwischen Arbeit und Familie zu finden.
Ich
habe einen Anruf von meinem Freund (Gitarrist) Jimmy Herring erhalten, der mit
Phil & Friends auf Tournee war, und er sagte, dass Warren Haynes mit mir
ueber Aufnahmen sprechen moechte. Traurigerweise ist Allen Woody gestorben, und
Warren wollte eine Aufnahme machen mit all seinen Lieblingsbassisten. Ich war
sehr verwundert als ich hoerte, dass mein Name auf dieser Liste stand, ich
dachte, er hoere sich meine Musik nie an. Also ging ich nach San Francisco und
spielte ein Stueck auf dem Azola Baby Bass mit Warren und Matt, und es wurde
besser, als ich gedacht hatte.
Mit Jazz Is Dead kommt im Juli eine neue CD auf Zebra Records raus "Great
Sky River" und wir gehen im August auf Tournee. Ich denke, Jeff Pevar wird
an der Gitarre sein, T. Lavitz am Keyboard und Rod Morgenstein am Schlagzeug.
BAJ:
Deine Soloalben waren sehr erfolgreich. Was brachte Dich auf die Idee, eine
Compilation Deiner vorgaengigen Solo-Erscheinungen herauszugeben?
AJ:
Das ist eine interessante Aussage... wie misst man Erfolg? Ich erinnere mich,
dass sich mein erstes Soloalbum nur 30'000 Mal verkaufte und ich war so
frustriert, weil meine Freunde Earth Wind & Fire Millionen verkauften. Da
nahm mich Joe Zawinul zur Seite und erinnerte mich daran, dass 30'000 Stueck
fuer eine Jazzplatte nicht so uebel waren wenn man bedachte, dass sich damals
die ersten Blue Note – Aufnahmen am Anfang auch nicht gut verkauften. Auf
jeden Fall habe ich gelernt, dankbar zu sein fuer die Gelegenheit, meine
Eigenkompositionen aufzunehmen und meine Musik, die ueberall auf der Welt
erhaeltlich ist, mit all den Leuten teilen darf. Die Entscheidung fuer die
Compilatioin CD habe nicht ich, sondern CBS/SONY gefaellt. Ich bin gluecklich,
dass sie sie herausgebracht haben, denn da ist eine ganze neue Generation von
Musikern, die zu hoeren bekommen, was ich in den letzten 20 Jahren gemacht habe!
BAJ:
Gibt es auch neue Songs auf der Compilation, und wirst Du auf Support-Tournee
gehen?
AJ: Ich
habe keine Plaene fuer eine Solo-Tournee gemacht, also werde ich nicht auf
Werbetournee gehen fuer dieses Album.
BAJ:
Sind Deine Studienplaetze bei Marshall Music schon ausgebucht? Wie kam es zu der
Verbindung mit Marshall?
AJ: Ich
habe nicht geplant, vor Juni anzufangen, ich sollte diese Woche erfahren, wie
viele Schueler es sein werden, nachdem alle von den Memorial Day Ferien zurueck
sind. Ich kaufe viel bei Marshall Music. Eines Tages, als ich Buecher suchte,
sprach mich ein Mitarbeiter namens Glen an und fragte, ob ich Alphonso Johnson
sei, und daraus hat es sich dann entwickelt. Ich hatte auch angefangen, darueber
nachzudenken, was ich in 10 Jahren machen wollte, und ich habe schon immer gerne
unterrichtet... Das ist eine gute Erweiterung der Dinge, die ich gerne mache.
BAJ:
Wendest Du ein bestimmtes Lehrprogramm an mit Deinen Studenten? Wie gehst Du an
die Sache ran, und was fuer eine Art Studenten bevorzugst Du?
AJ: Ich
versuche, jede Lektion individuell an die Beduerfnisse des Studenten, die er
fuer seine Entwicklung braucht, anzupassen. Ich mochte diese “Ein Schuh passt
fuer jeden” Methode nie, die viele Musikschulen anwenden... Das wird fuer mich
eine Gelegenheit, meine Erfahrung zu teilen und mit den Studenten die Grundlagen
zu erarbeiten. Ich akzeptiere normalerweise alle Studenten, die zu mir kommen
mit dem Willen, zu lernen, solange ich das Gefuehl habe, etwas mit ihm teilen zu
koennen. Lehren ist Geben und Nehmen und ich lerne normalerweise so viel wie
meine Studenten auf eine andere Art, etwas anzuschauen!
BAJ:
Du scheinst Dich in einer sehr kreativen musikalischen Situation zu finden. Ist
das ein geplanter Schritt auf ein bestimmtes Ziel hin?
AJ:
Primaer bin ich sehr dankbar dafuer, dass ich die Gelegenheiten im Leben hatte,
die mir gegeben wurden. Die Gelegenheit zu haben, bei George Allen in der
oeffentlichen Schule zu studieren war die beste Grundlage, die ein Musiker je
haben kann. Nachdem ich mit “Catalyst” in Philadelphia gespielt hatte,
dachte ich, ich haette die Spitze all dessen erreicht, was meine Karriere je
sein sollte. Dann konnte ich mit dem Woody Herman Orchestra auf Tour gehen, und
das war mehr, als ich mir je ertraeumt hatte zu erreichen... bis ich mit Chuck
Mangione - und dann Weather Report spielte! Danach war alles einfach nur noch
Zuckerguss auf dem Kuchen fuer mich. Ich lehne nicht zurueck und lasse meine
Karriere planen wie ein Schauspieler, dem ein Agent seine Rollen herauspickt.
Ich versuche, nach Projekten Ausschau zu halten, die eine persoenliche
Herausforderung sind fuer mich.
BAJ:
Da Du in verschiedenen musikalischen Umgebungen spielst, welche bietet Dir die
groesste kreative Plattform fuer Deine Talente?
AJ:
Das hat wahrscheinlich mehr mit der jeweiligen Situation zu tun als mit den
aktuellen Noten, die ich spiele! Als
ich zum Beispiel mit den ‘Other Ones’ spielte, waren mit diesem Job gewisse
Anforderungen verbunden, wie diejenige, eine Rolle auszufuellen, die vorher Phil
Lesh 30 Jahre lang ausgefuellt hatte! Zusaetzlich musste ich dort spielen, wo
immer die einzelnen Bandmitglieder den Bass hoeren wollten in ihren Koepfen,
jederzeit im Takt waherend der Show! Bobby (Weir, Gitarrist) wollte den Bass
mehr laid back; Bruce wollte viel improvisieren; und Mickey (Hart, Schlagzeuger)
wollte mehr Grooves zu seinen Beats! Es geht noch weiter... Billy wollte, dass
ich freier spielte, und Mark wollte satte synchrone Gitarre/Bass-Linien.
Zusaetzlich zu alldem versuchte Alphonso sich durch die Stuecke spielen und die
Fans nicht enttaeuschen, die sich gewoehnt waren, Phil zu hoeren. So war dieses
Konzert eine Herausforderung und eine kreative Umgebung fuer mich in vielen
Punkten. Am meisten Spass macht es mir, in einem kleinen Club mit 30 bis 60
Leuten zu spielen ohne Regeln, einfach spielen... wie die Konzerte, die ich in
der Gegend mit Jeff Richmond gebe!
BAJ:
An was fuer Projekten arbeitest Du im Moment, und wie bekommst Du Deinen
Lehrauftrag an einem fixen Ort und die nie enden wollenden Tourneen unter einen
Hut?
AJ:
Mein aktuelles Projekt ist zu lernen, erfolgreich Alleinerzieher zu sein und
diesen Sommer mit meinen beiden Soehnen eine wertvolle Zeit zu verbringen. Wir
planen, zelten zu gehen und versuchen es mit Wildwasser-Rafting und einfach so
viel wie moeglich am Strand rumhaengen. Mein aelterer Sohn will mir das Surfen
beibringen, das wird sicher interessant! Ich denke nicht, dass das Lehren mit
meinen Tourneenplaenen in Konflikt kommen wird – ich habe ja sowieso geplant,
diesen Sommer hierzubleiben.
BAJ:
Du hast ein sehr eigenes Konzept, fuer das Ueben auf den Baessen und dem Chapman
Stick, und Du wechselst leicht von einem Instrument zum anderen, ohne das
elementare “Du” zu verlieren. Wie gehst Du dabei vor, und wie bereitest Du
Dich mental auf einen Auftritt vor?
AJ:
Es braucht eine gewisse Zeit, um sich von einem zum anderen Instrument
umzugewoehnen, ich bin nicht sicher, ob das fuer mich so problemlos geht wie es
fuer jemand anderes aussehen mag. Wenn ich Bass spiele, versuche ich
herauszusuchen, wie meine Rolle sein wird, dann habe ich eine ziemlich klare
Vorstellung davon, was ich machen werde. Das ist genauso, wenn ich den Chapman
Stick spiele! Ich versuche, meine Sachen vorzubringen, genauso wie ich auch
zurueckstehe! Vor einem Auftritt versuche ich, mir einige Minuten Zeit zu nehmen
um Gott zu danken fuer die Gelegenheit, zu dienen, und dann konzentriere ich
mich auf die Set-Liste, damit ich die richtige Reihenfolge im Griff habe und ich
weiss, welches Instrument ich wann spiele... dann ist es Zeit loszulegen!
BAJ:
Koennen wir noch einen kurzen Blick auf Dein
Equipment werfen, und brauchst Du das gleiche Material fuer den Chapman Stick
wie fuer Deine Baesse?
AJ:
Ja! Ich habe ein Rack mit all der Elektronik (Alesis M12 Mixer, ElectroVoice
EV1000 Wireless, Roland G1-10 Midi Interface, Roland JV1010, DigiTech GSP2101
Processor, Alesis Midi-Verb and the AB Power Amplifier) und meine beiden Epifani
Lautsprecher-Boxen, die den Sound reproduzieren. Ich stecke mein Instrument (Azola
Stehbass, Chapman Stick, Washburn Bassgitarre, und Modulus Bass) in den Mixer
ein, und bekomme eine Balance von Klang und Volumen fuer jedes einzelne. Welches
Instrument auch immer ich einstecke, es ist alles bereit, und der Klang stimmt.
Machmal spiele ich auch lokal auf meinem Club Set-Up mit zwei Ampeg B-1 Combos
mit 4 Ohm Stereo und einem Korg AX-30B Pedal.
BAJ:
Wie fuehlst Du Dich, wenn Dich die Leute als etwas wie einen “Veteran”
dessen anschauen, was gemeinhin als “Fusion-Bassist” bezeichnet wird?
AJ:
Ich bin einfach gluecklich, dass ich lebe und mich guter Gesundheit erfreue, und
eine positive Einstellung gegenueber den Herausforderungen habe, die mir das
Leben bietet. Ich bin dieses Jahr 50 Jahre alt geworden, wenn ich dadurch ein
Veteran geworden bin, dann akzeptiere ich diese Rolle! Aber ich hoffe, dass ich
als mehr als nur ein Fusion-Bassist angesehen werde. Wenn Du auf meine Homepage
gehst, findest Du eine Liste mit den Aufnahmen, die ich waehrend meiner Karriere
gemacht habe, und das sind nicht nur Fusion-Sachen! Die vielen verschiedenen
Musikstile, die ich spielen muss, koennen mich als Musiker in vielen Dimensionen
qualifizieren. Wie auch immer man es beschreibt... es ist alles gut fuer mich!
Gut
gesprochen, Mann! Danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast, mit dem Global Bass
Magazin zu sprechen, und wir sind gespannt auf Deine zukuenftigen Unternehmungen.
Ich habe unsere gemeinsame Zeit wirklich genossen.
Alphonso's Website ist:
http://www.embamba.com/