Global Bass Online May 2001
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Carrie Melbourne ist eine von momentan nur drei
Stick-Spielerinnen in England, und ihrer Arbeit auf dem Album Indian Ocean von
Melbourne, der Band, die sie mit ihrem Ehemann Doug gegruendet hat, zuzuhoeren
heisst, eine der wahrlich innovativsten Exponentinnen dieses Instrumentes zu
hoeren. Es ueberrascht deshalb nicht herauszufinden, dass Carrie’s
musikalisches Erbgut hervorragend ist und auch Arbeiten mit Tricky und Mike
Oldfield beinhaltet. Aber es war ihr erster Kontakt mit Erfolg, der so wahrlich
unglaublich war. Nachdem sie ihr Musikstudium an der St. Andrew’s University
in Schottland abgeschlossen hatte, wurde sie angefragt, in der Band Babylon Zoo
mitzuspielen, und nur kurze Zeit spaeter, 1996, erreichte deren Debut-Single den
ersten Platz in der englischen Hitparade. Es sollte ein Nummer-Eins-Hit in 44
Laendern werden. Ich sage das jetzt nochmals, fuer den Fall, dass Ihr das
verpasst haben solltet... Es war ein Nummer-Eins-Hit in 44 Laendern! Als ich
kuerzlich mit Carrie sprach, fing ich mit der Frage an, wie sie sich damals
gefuehlt habe. "Aem ... super!" lachte sie. "Das
war meine erste professionelle Band, und ich liebte jede Minute mit ihnen. Ich
werde nie das Vorspielen vergessen, dann die Proben am naechsten Tag fuer das
Exklusiv- 'Top of the Pops', in diesem schwarzen Gummianzug, den vorher ein
anderes Maedchen in einem Video von Elton John angehabt hatte! Nach unserem
Auftritt schoss die Single 'Spaceman' auf Platz 1 und wir waren rund um Europa
und die ganze Welt unterwegs. Das war eine sehr aufregende Zeit. Ich erinnere
mich, wie ich mit meinem Mann Doug im Auto sass und darauf wartete, ob George
Michael noch immer auf Platz Eins war mit 'Jesus To A Child.' Dann gaben sie
durch, dass meine Band Nummer 1 war mit 'Spaceman', und ich erinnere mich, wie
ich aus dem Autofenster auf die A40 in London schaute und dachte, 'Das ist es
nun also!' Wir fingen beide an zu lachen – wir konnten es nicht glauben. Also
ja, es war eine sehr spezielle Zeit fuer mich, und ich war Jas Mann sehr dankbar,
dass er diese wunderbare Welt und diese wunderschoene Musik erschaffen hatte,
die wir alle miteinander teilen konnten. Unglaublich!" Babylon Zoo veroeffentlichten noch zwei weitere
Singles in 1996, aber keine erreichte die Hoehen von 'Spaceman.' Die Band loeste
sich innerhalb eines Jahres auf, aber Carrie erinnert sich immer noch gerne an
diese Zeit zurueck. "Die Band loeste sich an Weihnachten '96 auf,
und dann gab Jas ein zweites Album heraus, ich glaube irgenwann 1997. Ich
vermisse Babylon Zoo. Das war eine exzellente Live-Band, und Jas war ein
richtiger Star, strahlend und glaenzend und sehr talentiert. Es ist eine Schande,
dass es das alles nicht mehr gibt!" Carrie's naechstes Engagement war eine Tournee mit
Tricky. Ich fragte sie, ziemlich naiv, wie sie zu diesem Job gekommen sei.
"Ueber meinen Agenten!" war die
offensichtliche Antwort. "Nachden
sich Babylon Zoo Weihnachten '96 aufgeloest hatten musste ich eine Weile warten,
da alle dachten, ich arbeite immer noch fuer sie, dabei suchte ich eine neue
Arbeit. Tricky war fuer die 'Lollapalooza' Tour in den USA und Kanada im Sommer
'97 gebucht. Ich spielte vor, bekam den Job und flog am naechsten Tag rueber
nach Miami fuer eine 36taegige Tour durch die US sheds, was eine amerikanische
Abkuerzung fuer Openairs mit 15'000 Leuten ist! Es war wunderbar, am selben
Anlass wie die Marley Brothers, James, Snoop Doggy Dogg, Tool, the Prodigy, the
Orb und Orbital zu spielen. Es war eine grossartige Zeit, und die Musik von
Tricky war sehr basslastig und toll zu spielen." Ungefaehr zu dieser Zeit erweiterte Carrie fleissig
ihre instrumentalen Faehigkeiten um den Chapman Stick und verbrachte waehrend
der Tricky Tour viel Zeit mit Ueben. Nach der Tournee suchte sie mehr
Gelegenheiten fuer den Einsatz des Stick und bekam die Gelegenheit, bei Mike
Oldfield zu spielen. "Nun, ich kam abermals durch meinen Agenten an
den Job. Fuer Mike zu arbeiten war bis dato das Beste, was ich je gemacht habe.
Diese Shows waren gewaltig, ein musikalischer Genuss. Es waren fantastische
Erfahrungen, ich fuehlte mich geehrt, Teil einer solch spektakulaeren Serie von
Musikanlaessen sein zu duerfen. Ich spielte fuer Mike bei seiner 'Horseguards
Parade' Show in London im September '98 an der Weltpremiere von 'Tubular Bells
3', bei verschiedenen Fernsehauftritten, auf seiner 'Then & Now' Tournee
durch England und Europa im Sommer '99, und bei seiner Millenniums-Show in
Berlin an Silvester '99, mit der 'Art in Heaven' Lightshow." Carrie hat ein Online-Tourneetagebuch ihrer Zeit
mit Mike auf ihrer Website.
Aus dem hierin gelesenen schloss ich, dass Mike ein ziemlich strenger
Arbeitgeber sein musste. "Fuer die 'Then & Now' Tour im Sommer '99
hatten wir nicht viel Zeit uns vorzubereiten und all die Stuecke zu proben, die
wir an der Show spielen sollten. Einige von uns (ich!) waren schon bei Mike’s
'Horseguards Parade' show '98, der Premiere seines wunderbaren Tubular Bells 3
Albums, dabeigewesen, aber fuer andere war es das erste Mal und sie mussten all
das neue Zeug und auch die aelteren Sachen lernen. Das war streng fuer uns alle
– aber wir schafften es, und die erste Show war superb. Danach ging es wie von
selbst. Die Shows in Spanien waren meine liebsten – schreiende Herden von
zwischen 10'000 und 18'000 Leuten, die sich in 100‘000 beim Abschlusskonzert
der Tournee in La Coruna gipfelten. Mike ist sehr genau, was seine Musik
betrifft, die meisten Musiker sind das ja, nicht? Aber er war auch sehr
praktisch und flexibel und sehr gerecht, es machte wirklich Spass, mit ihm zu
arbeiten. Es war ohne Zweifel die beste Tour, die ich je gemacht habe, und die
Millenniums-Show in Berlin am Sylvester '99 war unglaublich.
Siebenhundertfuenfzigtausend Leute und Mike’s Musik, die er speziell fuer
diesen Anlass geschrieben hatte, die Millennium Bells, und das Berlin 2000
Finale. Ich war sehr stolz, dass ich an einer solch monumentalen Musikfeier
sowie der grossartigen Lichtshow von 'Art in Heaven' teilhaben durfte. Ich kann
die DVD, die jeden Moment erscheinen sollte, nur empfehlen. Ich habe das Video
zu hause, und es gibt eine sehr gute Uebersicht ueber den Anlass."
Mit dieser fantastischen Erfahrung im Hintergrund
war es fuer Carrie an der Zeit, mit einigen Solo Chapman Stick Konzerten und der
Bandarbeit mit 'Melbourne' ihre eigene Karriere in Angriff zu nehmen. "Solo Stick zu spielen ist sehr wichtig fuer
mich, denn das gibt mir die Gelegenheit, den Leuten die Moeglichkeiten dieses
doch noch ziemlich seltenen Instruments vorzustellen. Es gibt so viele
fantastische Spieler, wirkliche technische Genies, viele von ihnen in Amerika,
ein paar in England, aber wir brauchen mehr Umsteiger! Nick Beggs’Stil ist
wunderbar – ich habe ihn kuerzlich mit John Paul Jones gesehen. Und mein
Lehrer, Jim Lampi, hat den Ruf, der beste Stick-Spieler der Welt zu sein. In
unserer Gruppe 'Melbourne' spiele
ich auf ewa 50% der Tracks den Stick, in einer eher 'bandmaessigen‘
Atmosphaere, das gibt einen starken, ausgeglichenen Sound und verstärkt den
Bass! Aber solo kann man subtiler sein, mehr Harmonien und Farben reinbringen.
Ich verehre den Stick. Es ist von allen Instrumenten, die ich spiele, mein
Liebstes, und auch wenn ich denke, ich habe ein recht anstaendiges Repertoire an
Stuecken, fuehle ich mich noch immer, als haette ich erst ein wenig an der
Oberflaeche der wundersamen Moeglichkeiten
des Sticks gekratzt. Ich schulde dem Erfinder Emmett Chapman viel dafuer, dass
er dieses Instrument entwickelt hat, das mein Leben so veraendert hat. Der Stick
passt wunderbar in jeden Stil. In unserer Band spielen wir viel Rockmusik mit
World-Einfluessen, aber ich habe schon fast alles auf dem Stick gehoert –
Klassik, Jazz, Country, Reggae, es passt ueberall wunderschoen. Ich weiss
wirklich nicht warum. Vielleicht ist es die Bauart des Instruments. Bei meinen
Soloshows spiele ich einfach Stick und singe, ich bin also ziemlich exponiert!"
Mit dem Lebenspartner in derselben Band zu sein,
ist sicher nicht immer so einfach. Ich fragte mich, ob Carrie und Doug eine
natuerliche Abmachung gefunden hatten oder sie sich immer stritten, wer die
Fuehrung uebernehmen darf und so? "Doug und ich koennen ueberraschend gut
zusammenarbeiten. Ich denke, wir sind ein sehr gutes Team da wir beide sehr
ueberzeugt sind, und ja, wir versuchen, fuer beide das Beste rauszuholen, statt
dass jeder nur das Gefuehl hat, er sei der Beste! Ich glaube, mittlerweile sind
wir beide sehr gut darin, die Songs des anderen zu interpretieren und etwas
Passendes zu spielen. Doug arrangiert oft mein Piano und Gesang oder Stick und
Gesang, oder ein schreibt ein Instrumental-Stueck und ich fuege Melodie und
Texte hinzu, Stick und Bass oder Gitarre. Es ist eine Frage des Kompromisses –
ja, aber eines dynamischen Kompromisses, d.h. zusammenzuarbeiten mit dem
gleichen Grundgedanken. Buendelweise Geld und eine gesicherte Rente! Aber
hoffentlich auch gute Musik!" Auf der offiziellen Melbourne Homepage (www.melbourne-music.com)
sind bei den Einfluessen massenweise Progrock-Bands aufgelistet, und, da Doug
auch der Keyboarder der Genesis-Tribute Band 'Re-Genesis' ist, fragte ich
Carrie, ob sie ihre eigene Musik auch als Progrock einstufen wuerde. "Doug ist ein grosser Fan von Peter Gabriel
und Genesis, und ich habe mit Mike Oldfield gespielt, aber unsere eigene Musik
ist mehr von World Music, Rock, Latin- und aehnlichen Rhythmen gepraegt. Der
eigentliche Progressive Rock ist eine sehr stylisierte Musikart, und ich denke,
da ueberkreuzt sich nicht viel mit unserer Musik, ausser dass Genesis, Yes, Pink
Floyd und Crimson ueber all die Jahre unsere Lieblingsbands geblieben sind."
Also wen genau zaehlt Carrie zu ihren musikalischen
Einfluessen als Bassistin und Stick-Spielerin, und als Musikerin generell?
"Zu viele, um sie aufzuzaehlen!
Bassisten, die mich beeinflusst haben: Jaco Pastorius, sein Spiel auf Pat
Metheney's 'Bright Size Life' und Joni Mitchell's "Shadows and Light' wie
auch sein erstes Soloalbum; Mick Karn von Japan, Tony Levin von King Crimson und
Peter Gabriel, Flea von den Chillis....Stick-maessig mein Lehrer Jim Lampi
natuerlich, der Begruender Emmett Chapman, der argentinische Stick-Virtuose
Guillermo Cides, und wieder Tony Levin, der 'Stick Bass' erst definierte. Aber
hauptsaechlich Jim, mein Lehrer, der mir alles beigebracht hat. Andere wichtige
Einfluesse: Sting – sein Basspiel, die Songs und die Stimme haben meine Seele
ueber die Jahre wirklich beruehrt, Segovia’s wunderbares spanisches
Gitarrespiel, die fruehe Englisch-Elisabethanische Kirchenmusik, die
Gregorianischen Gesaenge, Vaughan Williams und die klassischen englischen
Komponisten der Romantik, Chopin und aehm... Phil Collins. Ach, Phil wird
heutzutage von den Genesis-Fans so beschaemt, aber sein virtuoses
Schlagzeugspiel waehrend all der Jahre war stets Meilen von den anderen Musikern
entfernt, und ich liebe seine Stimme ... fuer mich toent es, wie wenn ein Freund
singt. Und wenn eine Frau die Stimme eines bestimmten Mannes liebt, dann hat ein
Kritiker einen schweren Stand, was immer er auch sagen mag. Oh ja, und Daniel
Lanois‘ Album 'Arcadie' hat mich damals stark beeinflusst. Ich liebe seinen
souligen Gesang und sein Gitarrenspiel. Wunderbar, ein Muss in der CD-Sammlung."
Genuegend Auswahl ist also vorhanden. Kein Wunder
ist die Platte von Melbourne so eine erkleckliche Mischung von Einfluessen und
Gefuehlen. Melbourne gaben ihr Debutalbum, 'Indian Ocean',
anfangs 1999 heraus. Die Platte wurde weltweit gut aufgenommen und erhielt
grossartige Kritiken, inklusive eines sehr lobenden Artikels des Chapman Stick
– Erfinders Emmett Chapman, der sagte "Ihre reich mit Akkorden
ausgeschmueckten Stick-Arrangements leiten praezise in groessere orchestrale
Teile mit Keyboard-Synthesizern und Perkussion von Doug Melbourne ueber. Ich
wuerde sagen, Carrie hat ihren weissen, mit Polykarbonat eingespritzten Stick
Nr. 2366 einen weiten Weg getragen. Vielen Dank fuer dieses exzellente Stick
Album." Seither sind sie dabei, eine neue E.P. aufzunehmen, die bald
erscheinen soll. "Auf unserer E.P. spielt jetzt Jamie Fisher
Schlagzeug und E-Drums," erklaerte Carrie "Dadurch sind die 5 Songs
etwas haerter, und auch etwas 'kommerzieller', da die meisten im Song-Format
sind. Am Schluss ist ein sehr interessantes, klassisch-indianisch inspiriertes
Stueck, 'Shanti', das ich auf dem Stick geschrieben habe, da hat Jamie ein
unglaubliches Drum Pattern hinzugefuegt, das muss man gehoert haben, um es zu
glauben - erstaunlich! Die E.P. faengt auch mit einem Drum’n’Bass Stueck an,
'Deep Deep Deep', das auch wieder erstaunliche Drum Patterns hat und sehr
passende Keyboards von Doug. Nach dem ersten Anhoeren hat sich dieser Song bei
den meisten Leuten als Favorit herausgestellt. Wir ueberraschen dann die Leute
mit zwei Rocksongs, die recht ruhig und nachdenklich sind, dann einer 'klassischen'
70's Rockballade, die ich geschrieben habe, die in einen gigantischen
Instrumental-Teil und ein typisches 70er Jahre E-Gitarrensolo von mir selbst
muendet. Obwohl ich vorher gesagt habe, wir seien nicht beeinflusst vom Progrock,
habe ich bei dieser Nummer mein Bestes gegeben, um dieses Dave Gilmour Feeling
rueberzubringen! Das Stueck heisst 'She Wants You' und ist einer der
persoenlichsten Songs, die ich bis jetzt geschrieben habe. Ich bin sehr stolz
darauf. Es ist kein Hit, aber scheiss drauf! Die E.P. wird im Fruehling 2001
fertiggestellt sein und wir werden sie ueber’s Internet und an unseren Shows
verkaufen, sie wird bei Eaton Music, unserem Verleger, herauskommen, als
Vorlaeufer, um einen groesseren Plattendeal zu kriegen.“ Diesen Sommer werden Melbourne vermehrt live zu
sehen sein, um ihr neues Material einem breiteren Publikum zugaenglich zu machen.
Sie haben die Songs schon live ausprobiert als Vorgeschmack auf ihre Tournee. "In einer Live-Situation kann man am besten
herausfinden, 'was funktioniert' und 'was nicht funktioniert' aus spielerischer
wie auch aus Publikumssicht. Z.B. als wir 'She Wants You' spielten, rockten die
Leute mit bis zum Ende, waehrend sie bei einem anderen Stueck, das wir kuerzlich
gespielt haben, nur fragend geschaut haben! Manchmal muss man die Musik neu
gestalten wenn man denkt, die Publikumsreaktion war nicht so, wie man es sich
vorgestellt hat, aber manchmal spielt man etwas einfach so lange gleich, bis die
Leute entscheiden, dass sie es doch moegen! Das kommt jeweils ganz auf die
individuelle Situation an. Man muss einen Ausgleich finden zwischen dem, was das
Publikum hoeren will und dem, was man selber spielen moechte als Musiker. Ideal
ist es natuerlich, wenn sich beider Beduerfnisse in der Mitte treffen!“ Als ich Carrie fragte, an was sie im Moment gerade
arbeite, sagte sie "Ich bin gerade dabei, unser Baumwoll-Bettleinen im
Tumbler zu trocknen – es ist jetzt schon seit vier Stunden auf der Stufe 'heiss'
und ist immer noch nass! Es wurde in Deutschland hergestellt. Hast du schon
bemerkt, wie alles, was aus Deutschland kommt, fuer die Ewigkeit gemacht zu sein
scheint? Ich liebe die deutsche Qualitaet. Die hat auch unser Auto. Und mein
Bass, kommt mir gerade in den Sinn – ist ein Warwick. Ich denke, wir sollten
einen deutschen Manager fuer unsere Band nehmen .... wir sind gerade auf der
Suche!“ Das war nicht genau die Antwort, die ich gesucht
hatte, aber sie fuehrte mich gerade zur naechsten Frage, was genau Carrie an
ihren Baessen, ueberwiegend Warwick, mag. "Ich spiele schon lange Warwick Baesse. Bei
Babylon Zoo musste ich Jas Mann's Bass spielen. Gleichzeitig kloente ich bei
Trevor Cash von Warwick, und da er wusste, wie sehr ich Warwick liebe, nahme er
mich ernst und beschaffte mir ein Warwick Sponsoring. Seither spiele ich immer
diese Baesse. Ich hatte mal einen Warwick 4-Saiter, den ich verkauft habe, aber
mein Hauptbass ist ein 5-Saiter Streamer, der vorher Charlie Jones gehoerte,
Robert Plant's Schwiegersohn. Ich liebe diesen Bass, schoener tiefer warmer
reicher Ton, sehr bassmaessig, sehr laut! Ich habe auch einen bundlosen Warwick
4-Saiter Streamer, der einen lieblich-suessen Ton hat und in vielerlei Hinsicht
mein Favorit ist – ich spielte ihn bei unseren Aufnahmen von 'Rainy Day' auf
dem 'Indian Ocean' Album. Ich bin sehr stolz auf diesen Bass, er sieht praechtig
aus, sexy und ist sehr gut bespielbar. Und dann habe ich noch einen 6-Saiter
Warwick Corvette, mit dem ich mich aber trotz meiner Bewunderung fuer Alain
Caron und John Patitucci noch nicht wirklich auseinandergesetzt habe! Ich liebe
den Klang dieser obersten C-Saite auf dem 6-Saiter Bass, es verfolgt einen und
toent fremd. Man kann einen 6-Saiter Bass immer an seinem eigenen Klang
heraushoeren. Ich spielte ihn in einem Soloteil auf unserer neuen 'Melbourne'
E.P., die diesen Sommer in England erscheint. Ja, und dann habe ich noch einen
1970er Gibson EB3 mit kurzer Mensur, den ich mir schon schon Jahre gewuenscht
habe – und immer noch wuensche. Er gehoert meinem Anwalt, und wenn ich ihn
nicht bezahle, will er ihn zurueck! (Finger weg, Leser, er gehoert mir!). Ein
burgundroter Gibson EB3 mit verkuerzter Mensur war der erste Bass, den ich je
hatte. Ich liebe liebe liebte ihn, und diesen hier lasse ich mir von niemandem
mehr wegnehmen! Ich habe ihn schon fuer einen trance-artigen 60er Song bei
'Melbourne' benutzt, und es kam wunderschoen heraus. Mein Lieblingsbass? Der
Warwick fretless, der hat Klasse und ist wunderschoen."
Ich fragte Carrie, was an ihrem aktuellen Chapman
Stick so speziell ist. "Jeder ist ein Einzelstueck, handgemacht! Was
ein echtes Privileg ist. Stell dir vor, Leo Fender baut eine Gitarre extra fuer
dich! Emmett hat meinen aus Walnussholz mit Paua-Inlays gemacht, 10 Saiten,
normale Pickup-Bestueckung. Ich habe auch noch einen anderen Stick, den ich von
meinem Lehrer Jim Lampi gekauft habe, aus weisser Kohlenfaser, aus der Mitte der
80er Jahre, mit Midi-Anschluss. Das war der erste Stick, auf dem ich gelernt
habe. Ich habe noch kein Midi fuer den Walnuss-Stick, aber vielleicht mache ich
das noch, es ist erhaeltlich. Ich habe meinen Kohlefaser-Stick einem Freund und
exzellenten Bassisten ausgeliehen, Bill Burnett von der Fusion/Prog-Supergruppe
Sphere. Ich weiss, er wird Freude haben! Zum Thema Baesse; du hast mich vorher
gefragt, was ich fuer Basse habe. Nun, ich habe auch noch einen schwarzen Bass,
den ich selber entworfen habe, das war der erste Bass nach dem Gibson, und er
wurde vom schottischen Gitarrenbauer Ian Watt gebaut, der mitten in der
schottischen Wildnis lebte! Ich brauchte jeweils 3 Busfahrten mit je einer
Stunde Wartezeit dazwischen, um von St. Andrew’s zu seinem Haus zu kommen! Der
Bass ist wundervoll. Sehr professoinell gemacht von Ian. Er hat eine aehnliche
Form wie ein Steinberger, aber er ist runder, ein bundloser 5-Saiter mit vielen
80er Jahre Sachen – unebene Form, aktiv, ohne Kopfplatte, mit Drehpotis hinter
der Bridge. Veilleicht hole ich ihn wieder hervor fuer eine 'Melbourne' Show in
diesen Tagen. Aber ueber die Elektronik muss man wohl 'noch mals drueber'!" Nun, spielt Carrie lieber Stick, oder ist sie tief
im Herzen eine Bass-Puristin? "Bass oder Stick?
Paris oder die Seychellen? Jennifer
Lopez oder Claudia Schiffer? Ich habe die Bassgitarre immer geliebt, den Groove,
ihren Klang, das Gefuehl, zur Rhythmus-Gruppe zu gehoeren, wenn man Bass spielt,
aber ich fuehle, dass der Stick das Instrument ist, das zu spielen ich geboren
wurde. Ich entdecke schon Dinge darauf, Klaenge mit meinem eigenen Stil, und das
ist sehr kostbar in einer Welt, wo es heutzutage sehr schwierig ist
herauszutreten, seine eigene kleine Stimme, sein eigenes Territorium, zu
behaupten. Darum bin ich Emmet fuer immer dankbar, dass er mir die Gelegenheit
gab, etwas zu tun, was ich mein Eigen nennen kann. Der Stick ist fuer mich wie
ein Schutzengel. Ich kann nicht mehr leben ohne ihn.“ Vor einigen Monaten sprach ich mit Nick Beggs ueber
seine Karriere als Bassist und Stick-Spieler, und er erklaerte mir, der Grund,
warum die meisten Leute nicht lernen, den Chapman Stick zu spielen sei, weil es
so phaenomenal schwierig zu meistern sei. Carrie ist anderer Meinung. "Ich bewundere Nick Beggs extrem. Ich liebe
sein Bass-Spiel und speziell seine fantastischen Stick-Zaubereien, als er
kuerzlich mit John Paul Jones spielte... brilliant. Aber sein Gerede darueber,
dass der Stick 'phaenomenal schwierig zu meistern' sei? – Ich weiss nicht, was
er damit meint. Ich sehe das mehr wie die Zaehmung eines wilden Pferdes. Wenn du
Vertrauen hast, brauchst du nicht lange, aber es gibt einen Punkt, wo du denkst,
dass du es nie schaffst, und dann ploetzlich ergibt es einen Sinn. Ich brauchte
zwei Lektionen von Jim, um ein Stueck zu lernen, und etwa eine Woche
Entdeckungsarbeit, um den Sound hervorzubringen. Danach – beginnt die Arbeit
erst so richtig! Bedenke; als Bassist bist du dich gewoehnt, in Quarten zu
denken, und da die hohen Saiten des Sticks auch in Quarten gestimmt sind,
uebernimmst du einfach deine Basskenntnisse fuer die hohen Lagen des Stick. Die
Bass-Seite des Stick ist aber in Quinten und, wie mein Lehrer Jim stets betont,
ist die I-V-I Achse total logisch in der Musik fuer den Bass, die Wurzel der
klassischen und Klaviermusik. Wenn du das mal kapiert hast und mit der linken
Hand alle Akkorde findest, dann kann’s losgehen. Jetzt wo ich den Schluessel
fuer den Zugang zum Stick gefunden habe, entdeckt man staendig neue Sachen. Er
ist so schoen und ehrfurchtgebietend die ganze Zeit. Der Gedanke daran, wie viel
es hier noch zu entdecken gibt, ist ueberwaeltigend. Toni Levin hat etwas
Interessantes gesagt; als er mal an einer Stick-Spieler Konferenz war, hat es
ihn total ueberrascht, wie verschiedenartig die einzelnen Spieler an das
Instrument herangegangen waren. Das zeigt, wie vielseitig der Stick ist. Ich
wurde erst vor kurzem angefragt, ein Stick-Seminar in Mailand mit Tony Levin zu
machen und kann nicht hin. Ich bin so traurig. Es wird von einer der wenigen
weiblichen Stick-Spielerinnen auf dieser Welt geleitet, der fantastischen
Virtuosin Virna Splendore. Ich hoffe, sie irgendwann einmal zu treffen. Nun,
vielleicht meint ja Nick einfach, dass der Stick wie jedes andere Instrument
auch schwierig zu meistern ist. Man kann auf einem Instrument schnell einen Ton
herausbringen, aber es zu meistern, ist eine Lebensaufgabe.“ Kommen wir zum allseits beliebten Technikteil. Wo
steckt Carrie all diese Baesse und Sticks ein?
"Amps", sagte sie – alles klar!
"Trace fuer Bass, und zwar jede Menge. So viele wie meine armen,
leidenden Roadies tragen koennen. Mehr ist mehr! Ich hatte mit Trickyauf der
'97er Lollapalooza Tour ein 600 Watt Top mit 4 x 10“ und 2 x 15“
Lautsprecherboxen dabei, das war ideal. Fuer die Melbourne Shows trage ich das
Zeug im Moment selber. Ich dachte an einen Marshall 2 Turm 'Taschen-Amp' mit der
PP3 Batterie. Ich hasse Verstaerkerschleppen, und das passt in meinen Rucksack!
Heh, heh. Nein im Ernst, ich nehme einen Roland Keyboard-Amp fuer meinen Stick
bei den 'Melbourne' Shows. Der hat Stereo-Eingaenge, und ich kann ihn gerade
noch rumtragen, ohne die Treppen runterzufallen mit meinen Hochplateauschuhen.
Ich wiege eine halbe Tonne mit diesen Plateauschuhen, da kann ich nicht noch
schwere Sachen schleppen. Aber bei den organisierten Shows wie denen, die ich
mit Tricky und Mike Oldfield gespielt habe, kommen natuerlich die riesigen
Trace-Amps massenweise auf die Buehne. Ich habe auch einen Sponsoring-Vertrag
mit Trace. Ich nehme diesen Sponsoring-Vertrag sehr ernst, indem ich genau
ueberlege, was ich will und dann auf den Hersteller vertraue, den ich
ausgewaehlt habe. Obwohl, bei den Saiten bin ich nicht so waehlerisch – wenn
mir irgendein guter Saitenhersteller ein Paar Gratis-Saiten schickt, bin ich
fuer jeden zu haben!" Nun, wenn wir gerade dabei sind, dass Carrie noch
einen Saiten-Sponsor sucht, moechte ich doch gleich erwaehnen, dass auch der
Autor dieses Interviews noch fuer ein Saiten-Sponsoring zu haben ist, sowie auch
fuer Baesse, Amps, Bekleidung und Autos. Hey, wenn das die Interviewte versuchen
kann das der Interviewer ja auch, oder? (Und auch der Webmaster, hae?) In der Zwischenzeit werde ich versuchen, eine von
Carrie’s Live-Shows anzuschauen, die spaeter im Jahr stattfinden, und Carrie
hat mir versprochen, dass ich mal an einen Soundcheck gehen und den Stick selber
ausprobieren darf. Ich erzaehle euch dann, wie ich damit fertig wurde. Andy Long Andy Long ist unser Korrespondent in England und
der Autor zahlreicher Artikel im Global Bass seit vielen Ausgaben. Andy wird im
gesamten Jahr 2001 weiterhin interessante und provokatve Interviews mit einigen
der besten und glaenzendsten Bassisten und Stick-Spieler von England fuehren. Besuche seine offizielle Homepage auf Third Bass. Hier kann Andy kontaktiert werden: Andy@globalbass.com.
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